Rad-Design ist Umweltschutz

■ Ideenaustausch beim European Bicycle Design Contest / Shimano will Marktführer bleiben / Echte Innovation eingefordert / Mountainbikes dominierten

Ein Forum für den Austausch neuer Ideen im Bereich des Fahrrad-Designs sollte der European Bicycle Design Contest sein, der jetzt in Köln stattfand. Ausrichter war die Firma Shimano, bislang überlegener Marktführer im Bereich von Fahrradkomponenten wie Schaltungen und Bremsen.

Der Engländer Richard Seymour steckte die langfristigen Ziele ab: „Wir müssen das Radfahren viel begehrenswerter machen. Wenn die Leute morgens in der Garage stehen, auf der einen Seite den 5er BMW, auf der anderen dieses geile Bike, dann muß sie der dringende Wunsch überkommen, doch lieber mit dem Rad zu fahren als mit dem Auto.“ Fahrrad-Design ist Umweltschutz.

Die Zukunft soll dem Velo gehören: Dieser Meinung sind nicht nur Umweltschützer und Automobilgegner, sondern eben auch die Hersteller von Fahrrädern in aller Welt. Damit diese Zukunft tatsächlich in greifbare Nähe rückt, bedarf es aber noch erheblicher gemeinsamer Anstrengungen von Verkehrsplanern, Fahrradproduzenten, Medien und Verbrauchern, wie etwa dem European Bicycle Design Contest. Bei diesem nutzte Shimano die Gelegenheit und präsentierte der Öffentlichkeit ihre neuen Schalt- und Bremssysteme.

Zwar erwies sich Shimano als großzügiger Gastgeber, weniger großzügig war der Ausrichter jedoch in Hinsicht auf die Zulassung der Räder zum Wettbewerb. Bedingung für die Teilnahme war nämlich, daß die Räder mit einer der neuen Komponentengruppe von Shimano ausgestattet waren: Wenn denn die Zukunft dem Fahrrad gehört, dann aber doch bitte mit einer Shimano-Ausstattung.

Letztlich waren es 44 Räder, die den kritischen Augen der Jury präsentiert wurden. Diese setzte sich aus 17 Fachjournalisten, Designern und Konstrukteuren aus sieben europäischen Ländern zusammen. Die vier Kritierien, nach denen die Räder beurteilt wurden, waren Konstruktion und Ausführung, Gestaltung und Design, Originalität und Ausstattung sowie das Zusammenspiel der Komponenten.

Besonders das Modell Super V 900 der Firma Cannondale, ein hochentwickeltes Mountainbike für extreme Ansprüche, hatte es den Experten angetan. In drei der vier Kategorien wurde es ausgezeichnet. Einige der Anwesenden zeigten sich allerdings enttäuscht von der massiven Orientierung der Hersteller am US-amerikanischen Markt, die zum Beispiel daran zu erkennen war, daß nur sieben der am Wettbewerb beteiligten Räder keine Mountainbikes waren.

Erfrischend anders die Entwürfe von Phantasie-Rädern des Briten Richard Seymour, die als Dia gezeigt wurden: Diese sahen aus wie kleine Feuerstühle – Rennmaschinen für eine junge Zielgruppe, die ein echter Ersatz fürs Motorrad sein können.

Eine ganz andere Vision hat der Niederländer Bart Bloemink, der für die Zukunft ein neues Konzept städtischer Mobilität fordert. Seine Firma Batavus stellte in dem ebenfalls ausgeschriebenen Wettbewerb „Bicycles Of Tomorrow“ den Sieger. Das unter seiner Regie entwickelte Modell „Maximum Double Orange“ ist genau das Gegenteil der Seymourschen Feuerstuhl-Räder: Ein City-Rad mit einem Höchstmaß an Komfort, sehr wartungsfreudiger Technik und extrem guten Transportmöglichkeiten.

Damit bieten die Holländer ein Rad an, das nach Meinung von Rolf Wietzer vom Berliner Fahrradladen „velophil“ den Bedürfnissen der meisten Konsumenten entspricht: „Kunden, die viel fahren, achten auf einen hohen Gebrauchswert der Räder. Das heißt vor allem, daß sie gut verarbeitet und möglichst wartungsarm sind.“ Hinzu komme, daß es gerade in Berlin immer wichtiger werde, das Gewicht des Rades zu reduzieren, so Wietzer: „Viele Leute wollen ihr Rad nicht mehr auf der Straße stehen lassen, sondern es lieber mit in die Wohnung nehmen. Ebenso soll es sich problemlos die Treppen zur U- oder S-Bahn rauftragen lassen.“

Beklagt wurde in Köln von einigen Fachjournalisten das Fehlen echter Innovationen bei Technik und Design der Räder. Aufgabe der Fahrrad-Designer sei es, ein Velo zu entwickeln, das den dringenden Wunsch in den Fahrern weckt, es zu benutzen. Zudem solle es Alltagsqualitäten beim Fahrkomfort und Gepäcktransport unter Beweis stellen. Dann könnte dem Fahrrad tatsächlich die Zukunft im Stadtverkehr gehören. Arndt Klöckner