■ Blockaden
: Kunst und Gesetz

Sie mußten nur nachgedruckt werden. Jetzt hängen sie wieder überall im Landkreis Lüchow-Dannenberg. „Verhindert die Atommülltransporte ins Wendland“, fordern die Plakate mit dem großen „X“ in der Mitte. Seit zehn Jahren erfüllen sie ihre Funktion. Als „Aufforderung zu Straftaten“ wurden sie beschlagnahmt, 1985 beschriftete und signierte Joseph Beuys ein Exemplar. Das Kunstwerk diente nun als Vorlage für den Nachdruck. Beuys schrieb: „Menschengemäße Kunst muß die Zerstörung des Menschengemäßen verhindern, das Menschengemäße aufbauen“.

1983 fielen Schüsse, als 5.000 AtomkraftgegnerInnen alle fünf in den Lankreis führenden Bundesstraßen besetzten. Fünfmal ist seither Tag „X“ gewesen, fünfmal wurde der Bürgeralarm ausgelöst, nicht immer mit nachhaltigem Erfolg. Die Inbetriebnahme des Faßlagers für schwach- und mittelaktiven Atommüll hat die BI nicht verhindern können.

Leer blieb jedoch die große Halle, in der – nur von Luft gekühlt – Castor-Behälter mit abgebrannten Brennelementen aufgestellt werden sollen. Gerichte und Rechtsanwälte blockierten mit. Vom 5. September 1983 stammt die „Genehmigung zum Aufbewahren bestrahlter Brennelemente“. Bis heute sind zwei Klagen dagegen im Hauptsachverfahren nicht einmal in erster Instanz entschieden. Nichts paßt mehr. Die letzte Änderung der Betriebsgenehmigung datiert vom April dieses Jahres, der Hamburger Rechtsanwalt Piontek hat gegen ihre sofortige Vollziehbarkeit geklagt. Strittig sind mögliche Störfälle, speziell jene zusätzlichen „Fügedeckel“, die auf den Castor aufgeschweißt werden müssen, falls er undicht zu werden droht. Die Bundesanstalt für Materialprüfung hat festgestellt, daß dieser Schutz nur hält, wenn die Temperatur des Castor-Behälters nicht mehr als 40 Grad Celsius beträgt: Etwa fünf Jahre müssen nun die Brennelemente abgeklungen sein, bevor sie eingelagert werden dürfen.

Zu lange dürfen sie aber auch nicht aktiv im Atomkraftwerk gewesen sein. Die alte Genehmigung von 1983 begrenzt den Abbrandgrad der Uranstäbe. In allen AKWs werden sie heute länger genutzt, mit der Folge, daß sie am Ende stärker strahlen als in Gorleben erlaubt. Die beklagte Genehmigung droht wertlos zu werden, bevor ein Gericht in der Hauptsache über sie entschieden hat. Letztes Jahr hat der Betreiber bereits einen rundum erneuerten Antrag gestellt. Im Castor-Lager sollen (deutsche) Abfälle aus den (französischen und britischen) Wiederaufbereitungsanlagen gestapelt werden. Ein neuer, langer Klageweg steht offen ...