Nur affig

■ Vom Roman zum Film: die ZDF-Serie "Nur eine kleine Affaire" (19.25 Uhr)

Theresa ist „eine dumme Gans“, sagt Heiner, ihr Ehemann, sie ist „ein verrücktes Huhn“, schreibt ihre Schöpferin Annemarie Schoenle, die Roman- und Drehbuchautorin der fünfteiligen Serie „Nur eine kleine Affaire“. Ihr Knaur-Taschenbuch ist eine 300 Seiten starke Verteidigungsschrift für Jungmädchenträume von Haute Couture, von betuchten Ersatzvätern und von ultimativem Mutterglück. Gleichzeitig hält sie eine senile Moralpredigt für Männer wie den Anti-Helden Heiner, die sich mit öko-ideologischen Endzeitgesängen nur aus der Fortpflanzungspflicht stehlen wollen.

Erzählt wird die Geschichte einer gelangweilten Ehefrau, die von einer Karriere als Modedesignerin träumt. Bis es soweit ist, verdient sich Theresa ihr Taschengeld als Marktforscherin im Supermarkt. Dort trifft sie Victor, einen bornierten, graumelierten Art Director. Er macht ihr den Hof und sie ihm fortan die Lolita. Autorin Schoenle ist ganz hingerissen von der Liaison und läßt ihre Protagonistin ganz fest an ihren Victor denken, sich dazu das „weiße, unschuldige Vestalinnenkostüm“ anziehen und auf ihrem Schaukelpferd in die Nacht reiten. Als Theresa bei dem Modezar Valentin Brettschneider (im Film „Taloff“ genannt) eine Stelle als Aushilfsschneiderin bekommt, ist das Glück fast perfekt.

Doch Schoenle will eine Heldin, deren Augen erst richtig glänzen, wenn der Zellstoff einer Pampers durch ihre Finger gleitet. Theresa wird also schwanger. Diskussionen mit Freudinnen über eine Abtreibung sind nicht mehr als ein pseudofeministisches Pflichtpensum. Sie enden ganz im Sinne konservativer Lebensschützer. Ihren beiden Männern, die sich als Väter verweigern, gibt Theresa den Laufpaß. Bei Wolfgang, einem Freund, findet sie Unterschlupf und alle Bedingungen für die Kleinfamilie ihrer Träume vor.

Theresa sieht „pfiffig“ aus, weil sie einen „schräg gestellten Vorderzahn“ hat. Sie ist emanzipiert, weil sie nicht kochen kann. Sie ist klug, weil sie den Wirtschaftsteil der Süddeutschen liest und gelegentlich Kant und Aristoteles zu Rate zieht. Im Buch ist Theresa eine Figur, die in sich so wenig dramaturgischen Zündstoff birgt, daß Schoenle sie mit aller Gewalt durch verschiedene Settings schleifen muß, um wenigstens ausgiebig Nierosta-Küchen, Schleiflackmöbel und Porzellanfiguren beschreiben zu können. Die Serie verzichtet auf diese Requisiten und auf die durchweg geschmacklosen Garderobenvorschläge. Auch die Szenen bei Pro Familia, die die Ahnungslose von einem Leben vor der Geburt überzeugen, wurden gestrichen. Die Schwangere darf jetzt sogar einmal, als die Wohnungssuche allzu beschwerlich wird, „armes Deutschland“ schimpfen.

Mit schlichten Einstellungen, entschlackten Dialogen distanziert man sich vom anbiedernden Plauderton des Buches und setzt ganz auf Nahaufnahmen bekannter Gesichter. Um die dämliche Arglosigkeit der Hauptfigur als selbstbewußte Spontaneität zu veredeln, wird der Zufall ins Spiel geholt. Ein wunderbarer Kleister, um die Personage zu verketten und das Handlungsrinnsal mit schicksalhafter Logik anzudicken. Im Film ist Thaloff ein Freund von Victor. Wolfgang unterrichtet an derselben Schule wie Heiner und arbeitet zufällig als Pianist in dem Hotel, in dem sich Theresa heimlich mit Victor trifft.

Jennifer Nitsch („Allein unter Frauen“) versucht als Theresa erst gar nicht „erfrischend“ und „unkompliziert“ zu lächeln. Ihre kategorische Muffigkeit rettet die Schauspielerin über die Passagen, in denen das Drehbuch devote Dankbarkeit vorschreibt. Durch Nitsch wird aus dem patzig naiven Anziehpüppchen Theresa wenistens eine distanzierte Egozentrikerin. Matthieu Carriere spielt hingegen Victor penetranter, als die Romanvorlage erlaubt. Als ergrauter Ephebe, der für das Schmachten keine andere Mimik findet als den Dalmatiner-Blick, kleistert er alle Brüche, die der Film den Romanstereotypen mühsam einhämmern wollte, wieder zu. Birgit Glombitza