„Schlimmer als Bayern“

■ Behörde verweigert Iraner das Reisedokument / Basis: Ein Abkommen von 1929

„In Bremen ist es schlimmer als in Bayern“, findet Djafar Khoslavi. Khoslavi ist Vorsitzender des Rats der iranischen Flüchtlinge in Bremen, und er weiß wovon er spricht. Bevor er Mitte der achtziger Jahre nach Bremen kam, hatte er bereits mehrere Flüchtlingslager im Freistaat durchstreift. „Dort ist das Personal besser geschult“, weiß Khoslavi. Ganz im Gegensatz zu den Bremer Verhältnissen. Kazem Safavi, ein iranischer Mitarbeiter des Rates, konnte die bayerische Art bislang nicht genießen. Dafür schlägt er sich seit 1991 mit der Bremer Ausländerbehörde herum und versuchte bislang vergeblich ein „Reisedokument“ von der Behörde zu bekommen.

Safavi war 1986 als Asylsuchender nach Bremen gekommen. Nachdem 1990 sein Asylantrag vollends abgelehnt worden war, bekam er eine Aufenthaltsgenehmigung. Jedoch nur für die Hansestadt. Innerhalb der Stadt darf er sich frei bewegen und umziehen. Aber nicht einen Meter über die Landesgrenze hinaus. „Bremen ist wie ein Knast für mich“, sagt Safavi. Nach fünf Jahren unfreiwilliger Isolation wollte er 1991 seine Schwester in den USA besuchen. Doch dafür benötigte er einen Reisepaß. Und den gibt es für Iraner nur auf dem Generalkonsulat der Islamischen Republik Iran in Hamburg.

Eigentlich ist es dort kein Problem, an einen Paß zu kommen. „Sie brauchen nur Ihren Namen, Geburtsdatum undsoweiter angeben“, behauptet eine Konsulatsmitarbeiterin. Sie möchte anonym bleiben. Für legal Ausgereiste koste der Paß 483 Mark, Illegale müssen 1.207 Mark berappen. Das sei ein ganz normaler Vorgang. Safavi hat in Hamburg ganz andere Erfahrungen gemacht. Er hätte ein vierseitiges Formular ausfüllen müssen, genaue Namen und Adressen von in Deutschland lebenden iranischen Oppositionellen und über seine Arbeit beim Rat der iranischen Flüchtlinge abgeben müssen. Während der Gewissensprüfung wollten die KonsulatsarbeiterInnen auch wissen, warum Safavi „gegen die iranische Republik“ sei. Rechtsanwalt Armin von Doellen, der sich seit Jahren mit Flüchtlingsfragen beschäftigt, bestätigt derartige Verhöre als „üblich“. Safavi erfüllte zwar „äußerst widerwillig“ die Vorgaben des iranischen Konsulats, bekam aber trotzdem keinen Paß.

Das Konsulat beruft sich bei derartigen Vorgängen gern auf interne Verwaltungsvorschriften. Die Iraner wollen Bestätigungen der Ausländerbehörden, die wiederum wollen vom Konsulat wissen, warum ein Paß nicht erteilt wurde. Ein endloser Dienstweg zwischen Behörden, die sich auf diesem Wege gegenseitig beschäftigen. Die deutsch-iranische Freundschaft wurde schon 1929 schriftlich fixiert. Damals verabredeten die beiden Staaten, die jeweilige Staatsangehörigkeit ausschließlich anzuerkennen. Eine IranerIn kann solange nicht Deutsche werden, bis der Iran sie aus ihrer Staatsangehörigkeit entläßt. Und dieser Fall ist äußerst unwahrscheinlich.

Seitdem Safavi zu letztenmal in Hamburg war, versucht er von der Bremer Ausländerbehörde ein Reisedokument zu bekommen, früher auch Fremdenpaß genannt. Der würde ihm nach dem Ausländergesetz auch zustehen. Kann nämlich ein in Deutschland lebender Ausländer nur „unter nicht zumutbaren Umständen“ an einen Paß kommen, hat er Anspruch auf ein Reisedokument. Er muß sich „zwei Jahre ernsthaft“ um das Dokument seines Herkunftslandes bemüht haben.

Das hat Safavi getan, zuletzt mit Hilfe eines Rechtsanwaltes. Die Ausländerbehörde hält ihn dennoch seit drei Jahren hin. Mehrmals schon hat er Paßbilder und Daten bei der zuständigen SachbearbeiterIn abgegeben und wurde jedesmal mit Versprechungen auf einen Paß nach Hause geschickt. Doch dabei blieb es. Amtsleiter Pielenz sagte gestern gegenüber der taz, daß Safavi „mal herkommen soll“. Man würde dann wohl zu einem Ergebnis kommen, denn „aus der Akte geht nichts Gegenteiliges hervor“. „Wir werden den Knoten schon durchschlagen“.

Interessant nur, daß zwei weitere iranische Flüchtlinge ohne Probleme innerhalb weniger Wochen an ihr heißbegehrtes Reisedokument kamen. Khoslavi und Safavi vermuten „besondere Verbindungen der Iraner zur Ausländerbehörde“. Denn: Sie sind im gleichen Sportclub wie der Sachbearbeiter in der Behörde.

fok