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Theo Quichotte gegen Steuerflüchtlinge

Der Bundesfinanzminister müht sich, den Kapitalfluß nach Luxemburg auszutrocknen und eine EU-Mindestquellensteuer durchzusetzen / Briten und Luxemburger dagegen  ■ Aus Brüssel Alois Berger

Mit wilder Entschlossenheit hat der Bundesfinanzminister in Brüssel zu Beginn der deutschen EU- Ratspräsidentschaft einen neuen Anlauf zu einer europaweiten Zinsbesteuerung angekündigt. Die Mehrheit der europäischen Finanzminister steht dem Vorhaben aufgeschlossen gegenüber und wartet gespannt darauf, wie Waigel das Veto aus Luxemburg niederfechten will.

Das Fürstentum profitiert davon, daß in allen anderen Staaten der Europäischen Union die Zinsen nicht nur steuerpflichtig sind, sondern ein Teil dieser Steuer von den Finanzämtern automatisch eingezogen wird. Nur Luxemburg hat keine Quellensteuer und gilt deshalb als Paradies für Steuervermeider. Nach Schätzungen deutscher Bankenkreise sind allein aus der Bundesrepublik seit 1992 mehr als 300 Milliarden Mark ins Ausland abgeflossen.

Staatssekretär Sancho Haller räumte ein, daß sich die Situation auch nach über zwei Jahren nicht so entspannt hat, wie man sich das in der Bonner Mancha ausgerechnet hatte. Zahlen wollte er keine nennen, meinte aber in der für ausgetrocknete Landstriche üblichen Sprache, daß „die Sachlage dringend Fortschritte notwendig“ mache.

Die Luxemburger sehen dem Angriff auf ihre Steueroase gelassen entgegen. In Steuerfragen ist in der EU Einstimmigkeit gefragt, und auch die Briten sind gegen eine Steuerharmonisierung – aus grundsätzlichen Erwägungen, so der britische Schatzkanzler Kenneth Clarke, der aber keine Lust hatte, die Grundsätze zu beschreiben.

Mit einer Einigung unter deutscher Ratspräsidentschaft rechnet auch Waigel nicht, aber vielleicht mit wachsendem Druck auf Luxemburg und London. Ende des Monats will er einen konkreten Vorschlag machen. Der wird im Kern darauf hinauslaufen, daß sich alle zwölf Staaten verpflichten, eine Mindeststeuer nicht nur zu erheben, sondern auch einzutreiben. Dabei soll es jeder Regierung überlassen bleiben, ob sie den Banken und Sparkassen vorschreibt, bei allen Zinszahlungen den Mindestsatz als Quellensteuer einzubehalten und anonym ans Finanzamt abzuführen, oder ob sie ein Kontrollsystem einführt. Das Kontrollsystem hat den Vorteil, daß Zinseinnahmen wie normale Einnahmen versteuert werden – Großverdiener zahlen einen höheren Steuersatz als Kleinsparer – und den Nachteil, daß das Bankgeheimnis aufgehoben wird.

Vor allem mit Blick auf die Beitrittsländer Österreich, Schweden, Norwegen und Finnland, von denen einige die Quellensteuer und einige das Kontrollsystem haben, sollen beide Möglichkeiten zugelassen werden. Dem deutschen Finanzminister geht es offensichtlich darum, erst einmal nur das Prinzip der europaweiten Zinsbesteuerung hoffähig zu machen und Luxemburg notfalls auch mit einer lächerlich geringen Mindeststeuer zum Mitmachen zu bewegen.

Die Chancen auf eine Einigung hängen ohnehin davon ab, wie die Verhandlungen mit Drittstaaten ausgehen – in erster Linie mit der Schweiz. Die hat zwar eine saftige Quellensteuer von 35 Prozent für Einheimische, läßt ausländische Anleger aber ungeschoren. Und die Schweiz zeigt bisher sowenig Neigung wie Luxemburg, fremdes Kapital durch Steuergerechtigkeit zu erschrecken.

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