Sanssouci: Vorschlag
■ House Of Pain und Consolidated, getrennt aufhoppend
Ein versprach ein interessanter Abend zu werden: ausgerechnet die beiden HipHop-Acts Consolidated und House Of Pain im Doppelpack. Auf der einen Seite die agitatorische, sendungsbewußte, sich explizit politisch gebende Band aus San Francisco, auf der anderen – als Zugpferd wohlgemerkt – die dumpf-stumpfen Haudraufs aus der Cypress-Hill-Funkdoobiest-Posse, Leute, deren Sendung ihr Ego und ihr HipHop ist. Doch dann muß es zwischen den beiden Bands im negativen Sinne ziemlich gefunkt haben, muß das verbal-aggressive Gebaren von Consolidated den Pubhoppern von House Of Pain aufs äußerste zugesetzt haben. So daß sich diese, so heißt es, sich plötzlich als Faschisten bezeichnet wähnten. Erfolg: Beide touren getrennt durch Europa.
Dabei ginge es zu weit, House Of Pain gleich in eine faschistische Ecke zu stellen. Ein gewisses Desinteresse, eine fehlende Reflexion für die Zusammenhänge, in die sie als weiße Hiphopper vor zwei Jahren eingebrochen sind, darf man ihnen attestieren. House Of Pain verstehen sich ganz simpel als Musiker, die HipHop eben nur über Beats (und zwar straight und hardcore) und über Rhymes funktionieren lassen. Ihre einzigen Essentials sind ein slammender und jumpender Hooliganismus, der sie wüst das Haus rocken läßt, sowie einige Prisen irischer Folklore, nicht zu verwechseln mit Nationalismus, wie sie betonen.
Ganz anders Consolidated, die sich ihrer Rolle als (auch) weiße HipHopper genau bewußt sind, über geringe Akzeptanz in allen Lagern klagen, diese aber mit radikal gerechten, politisch korrekten Positionen zu erlangen suchen. Das geht von Antirassismus, Antisexismus über das Ablehnen jeglicher bewußtseinserweiternder Genußmittel bis hin zu konsequentem Vegetarismus.
Keine Frage, daß da Mißverständlichkeiten und Akzeptanzprobleme nicht nur über die Hautfarbe auftreten. Ihre Konzerte sind mehr Diskussionsforen als stupide Tanzveranstaltungen, ihre Platten Wechselspiele aus Reden, Statements und Musik. Für heute abend heißt das, die Qual der Wahl zu haben; heißt vielleicht aber auch – da allein der gute Groove bei beiden Bands stimmt –, sich mal einer genaueren Prüfung der eigenen HipHop- Rezeption zu unterziehen. Gerrit Bartels
House Of Pain um 20 Uhr in der Halle in Weißensee, Consolidated um 21 Uhr im Marquee in Schöneberg, Hauptstraße.
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