Altona flog aus der Kurve

■ Doch relativ glimpfliche Kürzungen bei den Staatstheatern

Die meisten Staatstheater-Chefs waren bereits im Urlaub, als Kultursenatorin Christina Weiss gestern verkündete, wie hoch die neuerlichen Kürzungen der Theaterhaushalte aussehen werden. Das private Altonaer Theater hat die Kurve nicht mehr gekriegt. Regungslos hatte Alt-Intendant Hans Fitze gestern morgen die Nachricht persönlich von der Senatorin entgegengenommen, nicht mehr fähig, auf das Ende seines Lebenswerkes zu reagieren.

Die Staatsoper muß in den nächsten zwei Jahren 1,55 Millionen sparen und soll pro Jahr 1,05 Millionen Mark mehr einnehmen. Das Schauspielhaus und das Thalia müssen nun pro Jahr 75.000 Mark mehr an der Kasse erwirtschaften. Zudem muß das Thalia in der Spielzeit 1996/97 zusätzlich 640.000 Mark sparen und das Schauspielhaus 650.000 Mark. „Ich weiß nicht, wie man das noch machen soll“, sagte der kaufmännische Direktor des Schauspielhauses Peter Raddatz gestern zur taz, denn „wir müssen in 1994/95 schon 2,4 Millionen sparen“. Er hält aber die neuen Kürzungsdaten für nicht so gravierend, daß Indentant Frank Baumbauer deshalb nach seinem Urlaub den Job schmeißen werde. Die Einsparungen für die kommende Spielzeit seien zwar weitgehend finanziert, aber das Einnahmesoll sei 1994/95 mit 4,6 Millionen ohnehin schon sehr optimistisch veranschlagt. Noch einmal 75.000 Mark mehr einzuspielen, hält Raddatz für ein ernstes Problem. Thalia-Chef Jürgen Flimm weilt ebenfalls im Urlaub, und ob er, wie im Vorfeld angedroht, wegen der weiteren Kürzungen seinen Hut nimmt, ist unklar. Zwar lobte die Senatorin, daß die Staatstheater 1993/94 5,5 Millionen gespart haben, und somit der Vorwurf, die Staatstheater blieben unangetastet, nicht stimme. Gleichzeitig aber sei es gelungen, in allen drei Staatstheatern den Mehrbedarf für Tariferhöhungen, Mieten und Gebühren durchzusetzen: Die Staatsoper erhalte 2,413 Millionen, das Schauspielhaus 850.000 und das Thalia 733.000 Mark mehr. Dadurch seien die Zuschüsse für Schauspielhaus und Thalia sogar gestiegen.

Susanne Stähr, Pressesprecherin der Staatsoper, sieht die Zukunft instabil: „Die Pflicht des Staates zur Kulturversorgung kann nicht von der privaten Wirtschaft übernommen werden, wie es sich ja gerade beim Schleswig-Holstein-Musikfestival zeigt.“ Opernintendant Peter Ruzicka sagte: „Diese neuen Sparraten werden voraussichtlich erstmals zu qualitativen Einschränkungen führen“. Für besonders fatal halte er die Erhöhung der Eintrittspreise, weil damit Zugangsbarrieren entstünden, die niemand wünsche. Als schlechthin katastrophal dagegen beurteilte er die völlige Streichung des Musikfests 1995, das schon fest geplant war. jkn