„Lieber unter Türken“

■ „Bund türkischer Rentner“ hält wenig von Zwangs-Integration

„Ich vermisse das Deutschland von früher“. Die Familienhelferin Köseoglu lebt seit 30 Jahren in Deutschland. „Die Deutschen waren nicht rassistisch damals. Sie waren genügsam und froh, daß wir kamen. Jetzt sind alle gierig“, sagt sie. Dennoch bleibt sie hier, will ihren Ruhestand in Bremen verbringen. „Wegen der Kinder“, sagt sie. Die wollen nämlich auf gar keinen Fall in die Türkei. Sie sei auch nicht wütend auf die Deutschen. „Wenn ich will, kann ich ja gehen“.

Knapp 80 TürkInnen haben sich in Bremen mittlerweile im „Bund der türkischen Rentner im Ausland“ zusammengeschlossen. Sie trafen sich diese Woche im Nachbarschaftshaus Ohlenhof in Gröpelingen. Nach der Sommerpause rechnen die RuheständlerInnen mit 30 Leuten Zuwachs. Die können sich dann auch über „Gesundheit im Alter“ informieren oder sich in einem Seminar auf den „Ruhestand vorbereiten“. Der Bund bietet Tagesfahrten an, immer auch für „deutsche SeniorInnen“.

Der Dialog zwischen Deutschen und TürkInnen soll wenigstens im Alter erreicht werden. Nur wie? Die TürkInnen sind es seit Jahrzehnten gewohnt, in der BRD allein fertig zu werden, haben eine funktionierende Gemeinschaft. Sie sind offen für Deutsche, bieten ihr Programm auch dem SeniorInnenverein der Arbeiterwohlfahrt an. Eine Vertreterin der Alten-Vereinigung fühlt sich dennoch nicht richtig willkommen. „Die müssen dann mal richtig auf uns zukommen. Man muß sich auch integrieren wollen“.

Sie erinnert sich noch gut an die PolInnen vor 60 Jahren, die „haben sich hier gut eingelebt“. Schließlich müsse für ein miteinander jedeR Abstriche machen. So wie der türkische Rentner, der nach 26 Jahren in Deutschland immer noch in einer Gemeinschaftswohnung lebt. Ein deutscher Mitbewohner ließe immer seinen Hund in der Küche herumlaufen, erzählt er. Für einen Moslem eine schier unerträgliche Zumutung, gelten Hunde doch als dreckig, werden allenfalls vor dem Haus und auf der Straße geduldet.

Was jahrelang vernachlässigt wurde, will die Senatorin für Ausländerintegration Helga Trüpel nicht länger brach liegen lassen. Sie fragte auf dem Treffen beim Bund, ob nicht ein türkisch-moslemischer Friedhof in Bremen sinnvoll wäre. Auch ein türkisches Altersheim könne gebaut werden, aber doch bitte multi-kulti für deutsche und türkische BewohnerInnen. Unter den RentnerInnen fand das keinen Anklang, zu groß seien die kulturellen Unterschiede und Eßgewohnheiten. Ob Haustiere oder Ramadan, was in 30 Jahren Einwanderung nicht zusammengewachsen ist, kann nicht im Altersheim gelöst werden. Helga Trüpel will auf jeden Fall ein „ausländisches Altenghetto“ verhindern.

Doch die TürkInnen bleiben skeptisch, wollen lieber ein türkisches Altenheim. Das sei auch wichtiger als ein moslemischer Friedhof: „Noch leben wir ja“. Sie haben zudem Angst vor rassistischen Anschlägen auf die letzte Ruhestätte. Die Mehrheit wolle sowieso lieber in der Türkei begraben werden, sind sich alle einig. Doch wer wird die Gräber dort pflegen, wenn Kinder und Enkel keinen Bezug mehr zur Türkei haben? fok