Frische Brise statt Abgasmief

■ Der „Weserbus“ legt an - zunächst mal als Designstudie für ein neues Verkehrssystem

Eine frische Brise weht in die stockende Dauerdiskussion über die Verkehrsprobleme der Stadt – in Gestalt des „Weserbusses“, der das Wasser als Transportweg stärker nutzbar machen soll. Eine Designstudie über das zukunftsträchtige Verkehrssystem stellt jetzt das Designlabor Bremerhaven vor. Vier Katamaranboote könnten demnach die Pendler von Bremen-Nord in die City und retour bringen und somit vor allem den Straßenverkehr entlasten. In einer kleinen Präsentation im World Trade Center können die Fahrgäste schon mal einen Blick auf die schöne Utopie werfen – die keine bleiben muß: Die Stadt läßt derzeit eine „Machbarkeitsstudie“ entwickeln; im günstigsten Fall könnten die Bremer bereits im Herbst 1995 im Weserbus zur Arbeit und zum Shopping schippern.

In windschnittig schöner Form, weinrot und seegrün leuchtend, prangt das Schiffsmodell inmitten der Ausstellung. „Nur eine ideelle Studie“, sagt Projektleiter Volker Behr. Das ist ziemlich tiefgestapelt. Denn tatsächlich ist die Studie auf Basis recht realistischer Daten und Fakten entwickelt worden. Und umfaßt daher weit mehr als nur einen schicken Schiffsentwurf. Gemäß dem übergreifenden Ansatz des Designlabors gehören auch neue Anleger und Hinweisschilder zum Konzept; der Gestaltung der Sitze wurde genausoviel Raum gegeben wie der Frage, wo man eigentlich seine Fahrräder an Bord lassen kann. Zum Systemdesign gehört schließlich auch die Frage, ob der Weserbus auch finanziell tragfähig wäre – wovon die Macher überzeugt sind.

Das funktioniert natürlich nur, wenn die Bremer wirklich umsteigen. Der Bus, so Laborleiter Helmut Diez, soll vor allem „die Leute ansprechen, die bisher bequem mit dem Auto fahren“ – nun sollen sie bequem mit dem Nahverkehr reisen. Jeder Zehnte, der derzeit mit seiner Blechkiste über die B 74 und die Waller Heerstraße in die City brummt, müßte aufs Wasser wechseln – so rechnet sich Projekt. Das bedeutet: zwischen 300 und 400 Fahrgäste pro Stunde in Spitzenzeiten; die durchschnittliche Auslastung wird mit 60 Prozent kalkuliert.

Um die automobilen Bremer zum Umsteigen zu bewegen, so die Überlegung des Designlabors, muß der Weserbus natürlich möglichst komfortabel ausgestattet sein – etwas, das z.B. die „Citybahn“ schmerzlich vermissen läßt. Und sowas fängt nicht erst bei bequemen Sitzen an. Um den Einstieg zu erleichtern, sollen z.B. die Anlegestellen mehr bieten als die zugigen Wartehäuschen der BSAG. Überdacht und beheizt sollen die Anleger sein, ein Kiosk soll fürs Nötigste sorgen. Und der Gang an Bord soll auch für Behinderte und Leute mit Kinderwägen kein Problem sein. Den Tidenhub der Weser von etwa viereinhalb Metern könnte ein Fahrstuhl überwinden, der zudem nur mit Wasserkraft funktioniert – ökologische konsequentes Denken ist eines der Markenzeichen der Studie.

Was davon am Ende übrigbleibt, ist nun eine Frage des politischen Willens. Mit der Studie ist für das Designlabor das Thema erstmal abgeschlossen. Daß es Abstriche am Konzept geben wird, wenn erstmal alle Behörden ihr Wort dazu gesprochen haben – das ist den Initiatoren allerdings jetzt schon klar. Immerhin wollen die Bremer auf diesem Wege die Fehler vermeiden, die andernorts passiert sind. Das Bremerhavener „Nordblitz“-Projekt z.B. sei gescheitert, weil die vielfältigen technischen Auflagen nicht rechtzeitig in die Planung einbezogen wurden – allein schon wegen der Gezeiten hätte das Schiff den Martinianleger gar nicht erreicht, weil es schlicht unter den Brücken hängengeblieben wäre. tom

Ausstellung „Bremens neue Bewegung“ bis 27.7. , Birkenstr. 15