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: Politische Wochenschau

Kaum Reaktionen in Bonn auf die Fußballpleite in den USA. Die Kohlpartei muß schweigen, weil es am beschämenden Resultat nichts zu beschönigen gibt; und die Sozis dürfen sich ihre klammheimliche Schadenfreude über das klägliche Scheitern des schwarzen Spezis nicht anmerken lassen. Nur die FDP fühlt sich nicht mehr ganz so einsam, weil Kinkel in Vogts einen Zimmernachbarn auf der Intensivstation des Doktor Kanzler gefunden hat.

Nach Jupp Derwall ist mit Berti Vogts bereits der zweite Bundestrainer an seiner Kohl-Analogie zugrundegegangen. Schon als Kohl 1984 vor der EM in Frankreich im Trainingscamp aufgekreuzt war, sollte Derwall strahlen, als habe er die populistische Siegessalbung erhalten, mit der eigentlich nichts mehr schiefgehen konnte.

Doch die Freude währte nur kurz, das Team strauchelte bereits in der Vorrunde. Jupp Derwall mußte zwar gehen, aber das ebenso naheliegende Hausverbot für Helmut Kohl auf dem Gelände des DFB blieb leider aus – mit gravierender Spätkonsequenz, wie wir heute wissen!

Ausgedient hatte damals für lange Zeit die so beliebte Kanzler-Trainer-Parallele, denn Vergleiche zwischen dem Münchner Ballästheten und dem Oggersheimer Eichenschrank ziemten sich nicht.

Erst kürzlich bemerkte der Kanzler bei Sat.1 – befragt nach seinem Verhältnis zu Beckenbauer: „Wir wollen uns hier nicht ausziehen.“ Drängte sich da nicht die bestürzende Vermutung auf, daß Kohl offenbar nicht nur mit Boris Jelzin, sondern auch schon mit Kaiser Franz zum Saumagen-Essen in der Sauna war?

Wenige Stunden vor dem Bulgarien-Match erreichte Vogts die tödliche Droge des Telefonats aus Neapel vom G-7-Gipfel. Kohl habe damit „wieder einmal die Brücke zur Nationalmannschaft geschlagen“, schmeichelte die FAZ.

Der jähe Absturz schien unausweichlich. Denn in Wahrheit hat Kohl seinen Vogts vom Trainer-Pendant zum zweiten Steffen Heitmann befördert – quasi vom Berti zum Hubsi gemacht –, der unrettbar in den Fängen der Medien gelandet ist.

Derweil wähnt sich der Pfälzer auf einer Woge des Erfolges und muß seinen kleinen loser rasch loswerden. Norbert Seitz

Autor des Buches „Kohl und Maradona“ (1990)