Bremer City stagniert im Ampel-Streit

■ Acht Projekte „Sofortprogramm“ und eine umstrittene Perspektive für die Bremer Innenstadt

„Die wirtschaftlichen Probleme der Bremer Innenstadt sind eine wichtige Ursache für die problematische wirtschaftliche Gesamtlage der Stadt“, so beschreiben wortgleich zwei Beschlußpapiere das „Problem“, über dessen „Lösung“ der Senat am Dienstag streiten soll: „In der ökonomischen und städtebaulichen Weiterentwicklung der Innenstadt liegt damit ein wichtiger Schlüssel zur Sanierung Bremens“. Das sind große Worte, auf die sich die Ressorts Bau und Stadtentwicklung (SPD und Grüne) auf der einen, das Wirtschaftsressort (FDP) auf der anderen Seite festgelegt haben. Seit dem Beginn streitet die Ampel-Koalition aber um das, was danach kommen muß: um die erforderlichen Taten. Am Dienstag nun soll nicht wieder vertagt werden, hat auch der Bürgermeister bei einem Hintergrundgespräch in der vergangenen Woche deutlich gemacht, sondern entschieden – nur was?

Einig sind sich die streitenden Schulen beim Wirtschafts- und Stadtentwicklungs-Ressort darin, daß der Präsident-Kennedy-Platz als „Rondell“ neu gestaltet werden soll (zum Preis von 3,2 Millionen Mark). Die Straße „Am Wall“ mit teilweise erheblichem Leerstand in der Geschäftsetage soll einen 4,50 Meter breiten Fußweg bekommen, 3,50 Meter davon mit Glasdach (6 Mio). An der Schlachte soll die Böschung attraktiver werden „mit Möglichkeiten zum Verweilen am Weserufer“ (4,5 Mio). Die Langenstraße wird Fußgängerzone (4,7 Mio). Die „ungeordnete Situation der Marktstände in der Papenstraße soll in ansprechender Weise geordnet werden“ (2,7 Mio). Am Museum Weserburg soll eine Gaststätte entstehen, damit die Teerhof-Insel nicht mehr mausetot ist (0,7 Mio). Sanierung der Wallanlagen, Beseitigung von „Angsträumen“ (0,5 Mio). Schließlich: Schließung von Lücken im Radwegenetz (0,4 Mio).

Das sind die Maßnahmen, die geplant sind und die bis zur nächsten Wahl 1995 abgeschlossen sein sollen. die Frage, um die der Streit geht, ist schlicht die: Reicht das, um das „Problem“ des Beitrages der Innenstadt „zur Sanierung Bremens“ zu lösen?

Um mehr kann es derzeit nicht gehen, sagt FDP-Wirtschaftssenator Claus Jäger. Die Stadtplanung muß eine mittelfristige Perspektive aufzeigen, um den privaten Investoren eine Orientierung zu bieten, kontert das Ressort Stadtentwicklung und will in dem Senatsbeschluß eine ganze Serie von „Planungsaufträgen“ unterbringen, die unstrittig sind, und einzelne Projekte, die höchst umstritten sind. Etwa den letzten Teil Umgestaltung des Domshofes, dessen Nordseite hin zur Bischofsnadel noch in einem wenig ansehnlichen Zustand ist. Das Projekt ist unter dem verkürzten Etikett „Café“ in der öffentlichen Debatte geraten, es geht aber um mehr. Während der Wirtschaftssenator sonst recht großzügig Gelder für städtebauliche Projekte ausgibt, hat er hier Bedenken angemeldet.

„Widerspruch“ hat der Wirtschaftssenator auch bei einem anderen zentralen Streitpunk angekündigt: Reduzierung der Martinistraße auf zwei Spuren, Sperrung für Durchgangsverkehre hin zur Faulenstraße. Der Anteil des Durchgangsverkehrs beträgt dort derzeit 40-50 Prozent, haben Untersuchungen ergeben. Über eine veränderte Verkehrsführung soll hier Platz für bummelnde Fußgänger und Radfahrer geschaffen werden. Auch z.B. auf dem Herdentorsteinweg soll der ÖPNV eine eigene Spur bekommen, was den Platz für PKWs vermindern würde. „Der Wirtschaftssenator hält dieses Kapitel für entbehrlich“, steht in der Beschlußvorlage des Stadtentwicklungsressorts.

Für Bürgermeister Wedemeier war die Sache schon letzte Woche klar: Die Martinistraße soll auf zwei Fahrspuren zurückgebaut werden, für eine Verlegung der Straßenbahn aus der Obernstraße sei jedoch auf absehbare Zeit „kein Geld da“. Die SPD-Bürgerschaftsfraktion drängt unterdessen auf „beschleunigte Umsetzung“. Die gegenseitige Blockade im Senat sei „unzumutbar“. K.W.