Prinz Lallbacke und die Relativitätstheorie Von Ralf Sotscheck

Der Gemahl der britischen Königin hält sich meist im Hintergrund – und das ist für den ohnehin angeschlagenen Ruf der Windsors gut so. Wenn Prinz Philip nämlich den Mund aufmacht, wie vor kurzem zu seinem 73. Geburtstag, kommt Flachsinniges heraus. So forderte er die Abschaffung der Steuerfreiheit für Wohltätigkeitsverbände, von denen es immerhin 170.000 Stück in Großbritannien gibt. Sicherlich sind viele schwarze Schafe darunter, doch die Begründung, die Philip – im Nebenjob ist er „Herzog von Edinburgh“ – lieferte, kann nur jemandem einfallen, der seit Jahrzehnten isoliert in seinem Wolkenbuckingheim lebt und sich immer nur mit Seinesgleichen abgibt: Armut, so tönte der Queengatte, sei „nicht mehr länger absolut, sondern sie ist relativ geworden“.

Wahrscheinlich war dem Dutzend RentnerInnen, die im vergangenen Winter aus Mangel an Heizmaterial in ihren Wohnungen erfroren sind, relativ kalt. Und die acht Jahre, die SozialhilfeempfängerInnen in den Ghettos von Sheffield und Glasgow früher sterben als DurchschnittsverdienerInnen im wohlhabenden Südostengland, verkürzen wenigstens die relative Leidenszeit. Ein großer Hamburger mit Milkshake und Pommes frites ist dagegen relativ viel, selbst wenn die Kosten dafür das Kindergeld übersteigen. Noch nie hat sich die Ungleichheit in der britischen Geschichte so verschärft wie in den vergangenen 15 Jahren.

Philip geht es zum Glück aber relativ gut. So besitzt er mehr als 500 Rolex- und Cartier-Uhren aus reinem Gold. Viele davon sind mit klobigen Diamanten besetzt. Der Wert der Uhren beträgt umgerechnet etwa acht Millionen Mark. Freilich hat sich der Prinz seine Chronometersammlung nicht vom Munde absparen müssen, sondern sie bei zahlreichen Auslandsreisen abgestaubt. Die Uhren ruhen in Samtkästen in Reih und Glied auf einem Kellerregal im Buckingham-Palast und werden ständig gewartet. „Ein erhebender Anblick“, schwärmte ein Palastdiener, „doch er ist nur wenigen Menschen zuteil geworden.“ Jedes Stück ist katalogisiert, damit Philip die richtige Uhr bei der nächsten Begegnung mit dem Spender tragen kann. „Er schaut dann mehrmals demonstrativ auf die Uhr, um seine Dankbarkeit zu zeigen“, verriet der Diener.

Welche Uhr Prinz Lallbacke bei seiner Geburtstagsrede trug, ist nicht bekannt, aber er machte all jenen, die „für nicht lebenswichtige Dienste nicht zahlen können oder wollen“, unmißverständlich klar, was die Stunde geschlagen hat. Wozu hat der Mann eigentlich Berater? Hat ihn denn niemand daran erinnert, daß er mit der reichsten Frau der Welt verheiratet ist und selbst 360.000 Pfund Apanage im Jahr kassiert? Steuerfrei, versteht sich.

Doch möglicherweise hat Philip selbst den Hinweis auf eine umfassende Lösung gegeben: Steuerfrei soll nach seinem Willen bleiben, wer „freiwillig irgend etwas tut, wodurch öffentliche Gelder“ eingespart werden können. Zahlt man also für seine Blinddarmoperation aus eigener Tasche und schickt seine Kinder auf Privatschulen, wird man vom Fiskus nicht behelligt. Philips Vorschlag könnte sich freilich als Schuß in den eigenen Fuß erweisen: Wer den Prinzen und seine parasitäre Familie zum Teufel jagt, müßte demnach sein Leben lang keine Steuern mehr bezahlen.