Plutonium-Handel stark gestiegen

■ Deutsche Polizei ermittelte 1993 in 241 Fällen

Berlin (taz) – Der Schmuggel mit Nuklearmaterial hat in den letzten Jahren einen Boom erlebt. Wie BKA-Chef Hans-Ludwig Zachert kürzlich sagte, hat sich die Zahl der Fälle, in denen wegen des Verdachts des Handels mit radioaktiven Substanzen ermittelt wurde, von 1991 auf 1992 vervierfacht. Und auch 1993 wurde noch einmal eine Zunahme von 50 Prozent registriert: 241mal hatten die Polizisten einen konkreten Verdacht, der weiterverfolgt wurde. Insgesamt fünfhundert Leute stehen wegen derartiger Delikte unter Verdacht. Etwa die Hälfte davon sind Deutsche. Die anderen Tatverdächtigen sind überwiegend Personen mit polnischem, tschechischen oder russischem Paß.

Allerdings fanden die Fahnder nicht jedesmal Nuklearmaterial. In etwa der Hälfte der Fälle handelte es sich um Betrüger, die lediglich vorgaben, radioaktive Substanzen besorgen zu können. Angeboten wurden Uran, Kobalt, Cäsium, Strontium und Californium – alles Stoffe, die für die Atomwaffenproduktion verwendet werden können. Zwar hatten Händler auch schon früher behauptet, Plutonium besorgen zu können – gefunden wurde allerdings in Deutschland bis zu der Entdeckung in Baden- Württemberg im Mai dieses Jahres nichts.

Mit dem größtenteils aus dem Osten stammenden Material läßt sich gut Geld verdienen: Laut Bundesnachrichtendienst (BND) dürfte ein Kilo Plutonium für etwa 700.000 bis 4 Millionen Dollar zu verhökern sein. Und für Cäsium137 lassen sich immerhin noch 100.000 bis eine Million Dollar erzielen. Die Preise der Nuklearschmuggler seien im Vergleich zum legalen Handel allerdings weit überhöht, heißt es von seiten des BND.

Auch geistesgestörte oder ernsthafte Erpresser, die mit der Freisetzung radioaktiver Stoffe drohen, sind ein Phänomen, mit dem es die Staatsschützer immer häufiger zu tun haben. 1993 ermittelte das Bundeskriminalamt erstmals gegen zwei Täter. aje