Sanssouci
: Vorschlag

■ Die einzige wirklich improvisierende Jazzsängerin: Betty Carter im Quasimodo

Als Lionel Hampton seine Sängerin, die er Betty Bebop nannte, fragte, welche Band sie am liebsten hörte, antwortete sie keck: „Die von Dizzy Gillespie.“ Sofort feuerte Hampton die Achtzehnjährige, Hamps Frau heuerte sie umgehend wieder an. Noch weitere Sechsmal schmiß Hampton die selbstbewußte Betty raus: „Sie wollte Bebop singen. Ich brauchte Swing, wollte nur zur Abwechslung ein paar Bebop-Nummern. Die meisten Lieder brachte sie im Scat-Gesang.“ Gut zwei Jahre später trennten sich ihre Wege endgültig.

Es folgten endlose Clubtourneen, eine Zeitlang arbeitete sie mit Miles Davis, war mit Sonny Rollins in Japan. Der große Durchbruch kam erst 1961 im Duett mit Ray Charles, „Baby, It's Cold Outside“ wurde zum Hit. Aber der Erfolg hielt nicht lange an, ein paar wenige weitere Platten fanden kaum Anklang beim Publikum. Betty Carter versetzte Standards, Balladen und eingängige Melodien mit scheinbar zusammenhanglosen Silben, entstellte bisher bekannte Songs oft bis zur Unkenntlichkeit. Ihre abrupten Wechsel von Tempo, Tonart oder Takt mögen im ersten Moment anarchistisch klingen, aber immer kommt sie aus dem vermeintlichen Labyrinth der improvisierten Selbstlaute wie selbstverständlich wieder zum ursprünglichen Text zurück. Ihre ehemalige Duettpartnerin Carmen McRae: „Betty ist die einzige wirklich improvisierende Jazzsängerin.“ – „Ende der 60er Jahre gründete ich meine eigene Plattenfirma Bet-Car, weil die großen Labels keinen Jazz mehr wollten. Kommerzielle Musik war zu einem richtigen Geschäft geworden. Ich verschickte meine Platten an die Universitäten und gewann dadurch ein neues Publikum und viele Engagements.“

1988 kam sie, mittlerweile 58, mit „Look What I Got!“ endlich in die Jazz-Charts. Im selben Jahr vertonte sie „I'm Wishing“ aus dem Walt-Disney-Film „Schneewittchen und die sieben Zwerge“. Betty Carters eigene Maßstäbe für ihre Klangmalereien: „Spontaneität, Seele, Gefühl. Das Wichtigste in dieser Musik ist Kreativität, anders und immer spontan zu sein. Ich glaube nicht, daß jemand gleichzeitig Pop, Blues, Gospel und Jazz singen kann. Nur weil ich schwarz bin, qualifiziert mich die Hautfarbe längst nicht zur Gospelsängerin. Ich konzentriere mich auf einen Stil. Eine große Stimme alleine reicht allerdings nicht, es muß auch Gefühl dabeisein.“ Norbert Hess

Heute, 22.30 Uhr, im Rahmen von „Jazz in July“ und mit ihrem Trio im Quasimodo, Kantstraße 12a, Charlottenburg.