■ Das Portrait
: Roberto Maroni

Italiens Innenminister Foto: Reuter

Seine Vita scheint so ereignisarm, daß das von Panorama herausgegebene „Who's who“ gleich dreimal aufführt, er sei Rechtsanwalt und – was gerade so aussieht, als verstünde es sich in Italien nicht von selbst – „studierter Jurist“. Roberto Ernesto Maroni, 39 Jahre alt, gehört zwar zu den „Gründervätern“ der norditalienischen Autonomiebewegung Liga Nord, war auch schon Fraktionsvorsitzender seiner Partei, aber so recht Profil gewonnen hat er bisher nicht. Zu sehr stand er im Schatten des übermächtigen Umberto Bossi, der die Ligen in fast monarchischer Manier leitet. Daß Bossi ihn dann just für das Innenministerium ausersehen und mit aller Gewalt durchgesetzt hat, sahen Beobachter als Belohnung für seinen Gehorsam und böse Geste gegenüber dem ungeliebten Regierungschef Silvio Berlusconi, der für das Innenressort hochkarätige Juristen und bullige Vollblutpolitiker vorgesehen hatte und nun mit dem rachitischen Leisetreter vorliebnehmen mußte.

Und nun das: In einer spektakulären Erklärung zeiht Maroni die Regierungsrunde des Betrugs, schilt das Freilassungsdekret von Justizminister Alfredo Biondi als verfassungswidrig und meint auch sonst, man „sei zu den schlimmsten Zeiten des alten Regimes zurückgekehrt“. Von Berlusconi zum sofortigen Widerruf aufgefordert, zog Maroni ungerührt den ursprünglichen, als Tischvorlage präsentierten Text heraus, der sich tatsächlich erheblich vom später verkündeten Dekret unterscheidet.

Kein Grund also zur Entschuldigung; und um das Maß vollzumachen, hat Maroni auch noch etwas gezeigt, was man ihm bisher ganz und gar abgesprochen hatte – Schlitzohrigkeit und Einfallsreichtum. Er gebe sein Mandat zurück, verkündete er, doch ehe Berlusconi ja dazu sagen konnte, setzte er schnell hinzu: „und zwar an meine Partei, die Liga“. Damit stand Berlusconi mit einem Minister da, der öffentlich zurückgetreten war, dessen Rücktritt er aber nicht annehmen konnte, weil das Gesuch ja nicht an ihn gestellt war. Konsequenterweise hat der Parteirat der Liga Maroni einstimmig das Vertrauen ausgesprochen und ihn zum Bleiben aufgefordert. Will Berlusconi ihn nun loswerden, muß er ihn förmlich hinauswerfen – und damit eine Regierungskrise auslösen, die er gerade im Zusammenhang mit dem höchst unpopulären Freilassungsdekret natürlich ganz und gar nicht brauchen kann. Werner Raith