Straßenbahn für Konsumrausch

■ Studie: Linie 4 stärkt Wirtschaftskraft / Bahn frei für die Finanzierung

Fördert eine neue Straßenbahnlinie die Wirschaftskraft Bremens? „Na, das möchte ich mal sehen!“, lacht Peter Braun, wirtschaftspolitischer Sprecher der FDP. Doch von Amts wegen, also als Koalitionspartner, muß er dieser Auffassung sein: Denn die neue Straßenbahnlinie 4 nach Borgfeld und Lilienthal steht in den Koalitionsvereinbarungen, doch Geld dafür wäre höchstens noch im Investitionssonderprogramm (ISP) zu holen. Diese Gelder sind allerdings daran gebunden, daß die Projekte die „Wirtschafts- und Finanzkraft Bremens stärken“ – also wurde befunden, auch wenn einige leise murrten: Linie 4 stärkt die Wirtschaftskraft.

Erst am Montag bewilligte der Wirtschaftsförderungsausschuß Planungsgelder aus dem ISP. Immerhin soll mit dem Bau des 200-Millionen-Projektes, das zu 60 bis 70 Prozent vom Bund bezahlt wird, Anfang nächsten Jahres begonnen werden. Und gestern nun präsentierte die BSAG ein Gutachten. Titel: „Straßenbahnlinie 4 stärkt die Wirtschaftskraft Bremens.“

Entgegen den Behauptungen der Innenstadt-Autolobby entdeckten die Bremer Professoren Gerhard Bahrenberg und Thomas Krämer-Badoni die NutzerInnen des Umweltverbundes, also RadfahrerInnen, FußgängerInnen und ÖPNV-NutzerInnen, als die für die Wirtschaftskraft entscheidende Gruppe. Es sei ein Irrtum, daß AutofahrerInnen mehr Geld in der City ließen. Und laut Bahrenberg und Krämer-Badoni – letzterem käme der Bau der Straßenbahn gerade recht, plant er doch das Projekt „Autofreies Wohnen“, für das eine eigene Haltestelle der Linie 4 vorgehalten wird – sollte die Attraktivität der City über Branchen- und Bevölkerungsmix sowie Erlebnisqualität gesteigert werden – und insbesondere mit einer guten Erreichbarkeit.

In Stadtteilen, die besonders gut an den ÖPNV angebunden sind, nutzen die Menschen die City auch mehr. Und die aus dem Erschließungsgebiet der Linie 4 möchte man besonders gern in der City sehen: In Schwachhausen, Borgfeld, Horn-Lehe und Oberneuland wohnen nämlich die kaufkräftigsten BremerInnen. Nebeneffekt des Umstiegs vom 30er Bus auf die Straßenbahn ist übrigens nicht nur, daß es bei der Fahrt weniger schuckelt, sondern die BSAG spart damit 2,4 Millionen Mark Betriebskosten pro Jahr.

Zweifler Peter Braun läßt sich auch durch diese Studie nicht so ganz überzeugen: „Ich glaube nicht daran, daß die Leute plötzlich mehr kaufen, bloß weil sie besser an die City angebunden sind.“ Und der CDU sind sämtliche Argumentationsversuche, die das Projekt ins ISP schleusen sollen, Jacke wie Hose: Sie stimmte nicht nur deshalb gegen die Linie 4, weil „eine der Haupteinfallsstraßen nach Bremen, nämlich der Heerstraßenzug, weiter stranguliert würde“, so der wirtschaftspolitische Sprecher Wolfgang Schroers. Ein Nein gab es insbesondere deshalb, weil „die ISP-Gelder, die da munter verplant werden, überhaupt noch nicht existieren“. Um diese Kasse zu füllen, muß erstmal etwas von Bremens Tafelsilber verkauft werden. skai