City-Dauerstreit entschieden

■ Senat: Martinistraße zweispurig und Hemelinger Tunnel vierspurig

Die gestrige Senatssitzung hatte was vom Fußball-Endspiel: Verlängerung, Verlängerung... und dann Elfmeterschießen. Es ging um die Attraktivitätssteigerung in der Innenstadt und den Hemelinger Tunnel. Hauptstreitpunkt seit einem Jahr: Wird der Durchgangsverkehr in der Martinistraße unter die Erde gelegt, wie Wirtschaftssenator Jäger wünscht, oder wird die Martinistraße überhaupt vom Durchgangsverkehr befreit und zum Bummelboulevard umgebaut, wie Stadtentwicklungssenator Fücks wünscht. Gestern zankte man sich erneut. Vier Stunden lang. Bis sich schließlich Bürgermeister Wedemeier mit Bausenatorin Lemke-Schulte, Umweltsenator Fücks und Wirtschaftsenator Jäger ins Gobelin-Zimmer zurückzogen.

Der rot-grüne Koalitionsteil drohte, die FDP einfach zu überstimmen. Jäger wiederum drohte, die Entscheidung auszusetzen. Endlich lenkte er ein, und formulierte selbst einen Vorschlag: Von einer nur noch zweispurigen Martinistraße war darin zwar nicht die Rede, wohl aber von breiten Radwegen, breiten Gehsteigen und eben vom künftigen Boulevardcharakter. Völlig klar, daß das nur zu machen ist, wenn die Fahrspuren auf zwei reduziert werden. Aber mit dieser Formulierung konnte der Wirtschaftssenator sein Gesicht wahren. Spätestens im Mai nächsten Jahres sollen konkrete Pläne vorliegen – dann könne man ja nochmals erneut über die Verlegung der Straßenbahn in die Martinistraße sprechen, sagte Jäger.

Auch Bürgermeister Wedemeier konnte zufrieden sein, schließlich hatte er in den letzten Tagen im Alleingang öffentlich Führungsgewalt demonstriert und seine Meinung in Sachen Stadtplanung kundgetan: Eine unterirdische Anbindung der Parkhäuser, wie sie Jäger mitsamt der Handelskammer favorisierte? „Nicht finanzierbar, braucht man gar nicht mehr drüber zu reden“, hatte der Bürgermeister gesagt.

Zusammen mit der Verschönerung der Martinistraße hat der Senat ein Sofortprogramm für die Innenstadt beschlossen (vgl. taz vom 18.7.), das aus Wall, Schlachte und Langenstraße „Boulevards“ machen möchte, den RadlerInnen mehr Abstellplätze und am Präsident-Kennedy-Platz geordnete Verhältnisse bescheren will. Die Weserburg-BesucherInnen bekommen eine Gaststätte und die Kinder einen zeitgemäßen Spielplatz zwischen C&A und Horten. Das alles bis Ende 1995. Schnellstmöglich begonnen werden soll außerdem mit 20 weiteren Projekten – etwa der Aufwertung des Faulenquartiers.

Große Lösung für Hemelingen

Sozusagen zum Ausgleich für die Innenstadt-Niederlage bekam Jäger am gestrigen Nachmittag den gewünschten zweiröhrigen Hemelinger Tunnel genehmigt. Allerdings, und das war eine Schlappe für den hier ganz auf Jägers Linie schippernden Wedemeier, gegen die Stimmen der SenatorInnen Fücks, Lemke-Schulte, Gärtner und Trüpel. Die argumentierten, daß es in einem Tunnel mit Gegenverkehr seltener zu Unfällen kommt als in Tunneln mit vier Spuren, daß eine Röhre schneller gebaut ist und mehr Straße eben immer mehr Verkehr anzieht. (Siehe taz vom 15.7.) Immerhin setzten die vier „Unvernünftigen“ (Jäger) noch einen Zusatzbeschluß durch: Die Straßenbahnlinie 2 nach Tenever soll möglichst zeitgleich mit dem Tunnel gebaut werden. Und: Die Mehrkosten für den Bau des doppelröhrigen Tunnels sollen nicht zu Lasten des ÖPNV-Ausbaus gehen.

Blechen fürs Parken

Vergleichsweise schnell waren sich die SenatorInnen dagegen beim Thema „Parkplätze für öffentlich Beschäftigte“ einig: Wie in Hamburg, Stuttgart oder in Hessen sollen nun auch die Bremer Beschäftigten im öffentlichen Dienst fürs Parken auf städtischen Grundstücken zahlen. Die Höhe des Entgelts orientiert sich am Preis der Bremer Karte: In der Innenstadt muß das zweifache des Preises für die Bremer Karte (Zone I = 110 Mark) gezahlt werden, im Vorstadtbereich (Zone II = 82,50 Mark) das 1,5fache und in den Randbereichen (Zone III = 55 Mark) derselbe Betrag wie die Bremer Karte. Das soll die Beschäftigten zum Umstieg auf den ÖPNV bewegen. Das gilt auch für LehrerInnen. Die Universität und die Hochschulen entwickeln gesonderte Konzepte – dabei ist an die Bewirtschaftung der riesigen Parkplätze durch Pächter gedacht. Aber auch diese Konzepte müssen 1995 umgesetzt werden. cis