: Konzept Fundamentalopposition
■ Die PDS-Politikerin Petra Sitte zur Minderheitsregierung
taz: Frau Sitte, werden Sie Herrn Höppner zum Ministerpräsidenten wählen?
Petra Sitte: Ich persönlich nicht. Die Abstimmung ist in der Fraktion freigestellt, aber eine Mehrheit wird sich enthalten. Herr Höppner wird drei Wahlgänge benötigen, wir werden uns im dritten Wahlgang enthalten.
Warum haben Sie Ihr Tolerierungsangebot zurückgezogen, doch wohl nicht, um der SPD einen Gefallen zu tun?
Das bestimmt nicht. Die Gespräche, die auf Basis des Tolerierungsangebotes mit SPD und Bündnis hätten laufen müssen, hätten Einfluß gehabt auf unsere Art der parlamentarischen Arbeit. Wir hätten mit Rücksicht auf die Koalitionsaussagen einige unsere Positionen überdenken müssen.
Was unterscheidet denn Ihre Positionen von dem, was SPD und Grüne jetzt verabschiedet haben?
Die Felder sind die gleichen, aber die Konsequenz bestimmter Aussagen ist bei uns größer ...
... ein bißchen klarer formuliert ...
Wir bestehen zum Beispiel klar auf der Schließung von Morsleben, das ist in der Koalitionsvereinbarung aufgeweicht worden.
Ist die grundsätzliche Opposition das strategische Konzept der PDS?
Ja.
Die PDS hat eine sehr heterogene Mitglieder- und Wählerschaft ...
Das ist richtig.
Ist die fundamentale Opposition die Klammer, die diese unterschiedlichen Gruppen zusammenhält?
Das macht sich nicht an dieser Oppositionsrolle schlechthin fest, zumal diese zu fixiert auf die Parlamente diskutiert wird.
Aber eine Beteiligung der PDS an einer Regierung oder eine Tolerierung würde doch einen Teil des Wählerpotentials verschrecken.
Das ist sicher so. Aber es ist immer die Frage, was man verliert und was man gewinnt. Zur Zeit gewinnt die PDS mehr, wenn sie sich in der Opposition profiliert, sowohl parlamentarisch als auch außerparlamentarisch. Vier Jahre nach der Wende sind zuwenig, um sich als Widerstandskraft zu festigen. Wir sind noch zu nah an dem Erlebnis, Regierungspartei gewesen zu sein.
Ähnliche Merheitskonstellationen wie in Sachsen-Anhalt sind auch bei den kommenden Landtagswahlen in den neuen Bundesländern zu erwarten. Empfehlen Sie Ihren dortigen Parteifreunden, sich prinzipiell nicht an Regierungen zu beteiligen?
Die PDS erreicht mehr, wenn sie sich in der Opposition profiliert.
Wird Herr Höppner noch in dieser Woche gewählt werden?
Ja.
Kann die PDS es sich leisten, die Minderheitsregierung, zum Beispiel bei den Haushaltsberatungen, zu Fall zu bringen, ohne in den Ruch zu geraten, Obstruktionspolitik zu betreiben?
Das ist die große Gefahr.
Das heißt, die Landesregierung wird mit der Unterstützung der PDS rechnen können?
Das kann ich nicht pauschal zusagen, das muß immer konkret geprüft werden.
Wann wird der nächste Landtag gewählt werden.
Ich hoffe in vier Jahren.
Interview: Dieter Rulff
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