Ein leiser Auftritt des Kanzlers zum 20. Juli

■ Kohl redet zum Widerstandsjubiläum

Berlin (taz) – Wahlkampftermin 20. Juli: Bei der Feierstunde zum fünfzigsten Jahrestag des Attentats auf Adolf Hitler durfte Bundeskanzler Helmut Kohl im Bendlerblock, der früheren Wehrmachtszentrale, gestern ganz Staatsmann sein. Er übte – wohl wegen des Streits um seinen Auftritt – parteipolitische Zurückhaltung. Feierliche Fernsehbilder mit Trommelwirbel und Grauhelmen waren die Hauptsache. Kohl zählte zwar Johann Georg Elser und Rudolf Breitscheid zum Widerstand, erwähnte aber die Kommunisten gar nicht und überließ den aktuellen Konflikt um den „wahren“ Widerstand seinem Vorredner Eberhard Diepgen.

Es dominierten Merksätze über die Lehren der vom Kanzler so geliebten Geschichte: „Wer konsequent unsere freiheitliche Demokratie verteidigt, wird morgen nicht in die Lage kommen, Widerstand leisten zu müssen.“ Töne von Kohl gegen die PDS fielen nur verschlüsselt: „Wer politischen Extremismus als etwas Normales verharmlost und dessen Intoleranz aus falsch verstandener Großmut toleriert, der versündigt sich an unserer Demokratie.“ Auch das Militär trat vergleichsweise bescheiden auf: Statt 140 – wie geplant – zeigten nur rund 50 Feldgraue ihre Gewehre.

Berlins Regierender Bürgermeister Eberhard Diepgen (CDU) nahm in seine Rede Argumente des Attentäter-Sohns Franz-Ludwig Stauffenberg auf, der im Vorfeld gefordert hatte, kommunistische Exponate aus der Widerstandsausstellung der Gedenkstätte im Bendlerblock zu entfernen. Die aktuelle Diskussion, so Diepgen, beruhe unter anderem auf der räumlichen Nähe zum historischen „Arbeitsplatz“ Stauffenbergs, die „zu Mißverständnissen führen“ könne. In diesem Zusammenhang sprach Diepgen davon, daß künftig auch das Deutsche Historische Museum (DHM) des Kohlschen Geschichtsverwesers Christoph Stölzl den Widerstand dokumentieren solle. Auf Nachfrage sah der für die Gedenkstätte zuständige Kultursenat in Diepgens Bemerkungen aber weder einen Affront gegen die jetzige Ausstellung noch eine Aufforderung zum Umzug ins DHM. Seiten 4 und 10