Jenseits des Happy-End

■ Dreimal amerikanisierte Rockmusik deutscher Prägung am Unisee

Unerträglich betroffen oder platt und schmalzig – wer Rockmusik mit deutschen Texten paart, begibt sich meist auf dünnes Eis. Daß ausgerechnet vier junge Herren aus Hamburg mit dem unbeholfenen Namen „Nationalgalerie“ da Abhilfe schaffemn soll, scheint beim ersten Hinhören unwahrscheinlich. Vor allem, weil sich „Liebe“, vermissen“, „nicht klarkommen“, und derlei mehr Vokabular wie ein roter Faden durch das handwerklich gut gemachte Musikwerk der Hanseaten zieht. Gekonnte, im knackig unverzerrten Sound der Fendergitarre runtergeschrabbelte Popperlen rufen aber Erinnerungen wach, an große englische Gitarrenbands wie „The Jam“ etwa, oder an den unpeinlichen Teil der neuen deutschen Welle, zum Beispiel Fehlfarben. Großartige, amerikanisierte Rockmusik deutscher Prägung also, der die Quietschorgel den letzten Schliff verleiht. Und statt sich mit Gymnasiasten-Lyrik für überforderte Pubertierende in den Reigen deutscher Sangespeinlichkeiten einzureihen, schafft es Sänger Niels Frevert mit charmantem Wortwitz, die gängigen Klischees zu umgehen. Wenn bei ihm „Liebe“ auf „Triebe“ trifft, dann nicht zum zuckersüßen Happy-End, sondern in tragisch-komischen Konstellationen, die meist in der Verweigerung von Bindungen und Pflichten mündet. Fast möchte man die frevertsche Auffassung, daß das mit der Liebe schwierig sei und man die Finger davon lassen sollte, als deutsche Spielart der emotionsentfremdeten „Generation X“ lesen – wäre da nicht die Prise Humor, die den Hörer statt mit Weltschmerz mit Ratlosigkeit, wie das denn nun gemeint war, alleine läßt.

Weitaus simpler gehen da „Selig“ zu Werke: Deutschrock reinsten Wassers, der sich nur dadurch von dem unterscheidet, was im örtlichen Freizi an Mucke abgeht, daß er auf Viva gespielt wird. Allerdings sind sie nicht so schlimm wie „Hallberg“, die nach eigener Auffassung „den Norden im Blut“ haben, also knurriges Einsiedlertum in langatmigen Folk packen und den Abend unter freiem Himmel eröffnen. Pünktlich sein ist also diesmal nicht Pflicht im Biergarten vom Haus am Walde. L.R.

Im Kuhgrabenweg 2, ab 20 Uhr.