: Feldzug gegen Hundekot
■ Kreuzbergs Bezirksstadtrat für Gesundheit will im Modellversuch "City Cleaner" gegen Hundekot einsetzen / Hassemer plädiert für moralische "Umweltberater"
Kreuzberg sechs Uhr morgens. Surrend umkreist der „City Cleaner“ den ersten Hundehaufen des Tages. Langsam nähert sich die Sauglanze dem noch dampfenden Berg, und schwupp! ist die Scheiße im Gerät verschwunden. Dort wird sie, während der Fahrer des „M 301 MOB“ nach dem nächsten Haufen Ausschau hält, im Innern zu Jauche verarbeitet und später in die Schmutzwasserkanalisation eingeleitet.
Dieses Szenarium würde sich morgens und abends in Kreuzberg abspielen, ginge es nach dem Willen des Kreuzberger Bezirksstadtrats für Gesundheit, Gerhard Engelmann (CDU). Nachdem er im letzten Jahr den Vorschlag gemacht hatte, zusätzlich zur Hundesteuer (180 Mark) fünfzig Mark mit fester Zweckbindung zur Reinigung zu erheben, stellte er gestern die Antworten des Stadtentwicklungssenators und des Finanzsenators vor.
Ein Jahr lang hatten sich Volker Hassemer (CDU) und Elmar Pieroth (CDU) Gedanken zum Engelmannschen Hundekotbeseitigungs-Modell gemacht und ihm mit Verweis auf das Straßenreinigungsgesetz mitgeteilt, daß die Kotbeseitigung den Hundehaltern obliege und seine Initiative der gegenwärigen Gesetzeslage widerspreche. Hassemer hält weiterhin an seinem Vorschlag fest, ABMler als „Umweltberater“ mit erhobenem Zeigefinger durch die Stadt zu schicken, um die Halter der etwa 100.000 Viecher an ihre Pflicht zu erinnern.
Aber Engelmann bleibt am Ball beziehungsweise am Haufen. Wenn der Senat schon nicht für die Änderung des Straßenreinigungsgesetzes sei, solle er für einen zweijährigen Modellversuch in zwei Innenstadtbezirken 100.000 Mark zum Erwerb von zwei Geräten und Arbeitskräfte zur Verfügung stellen. Die Berliner Stadtreinigung (BSR) würde sich unter diesen Bedingungen sofort der stinkenden Haufen annehmen. Problematisch sei nur, daß die BSR nicht für Spielplätze und Grünflächen zuständig sei.
Überzeugend findet Engelmann das Angebot einer Ostberliner Firma, die für 180.000 Mark im Jahr mit einem „Cleaner“ täglich eine Strecke zwischen zehn und dreißig Kilometer – je nach Anzahl der Haufen – zurücklegen würde. Im Prenzlauer Berg ist bereits seit vier Jahren ein „Cleaner“ unterwegs. Ergebnis: das Gerät habe sich „bestens bewährt“. So auch die Meinung der Stadtväter von Bad Homburg, Bad Harzburg, und Ludwigshafen, wo „City Cleaner“ seit geraumer Zeit im Einsatz sind. Berlin ist eben nicht Oggersheim, wo ebenfalls die Sauglanzen am Werke sind. Barbara Bollwahn
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