Lehrer sollen nicht mehr verbeamtet werden

■ Innenverwaltung prüft rechtliche Fragen / 13.600 Ostlehrer betroffen

Der Senat rüttelt am Beamtenrecht. Die Innenverwaltung prüft derzeit, „wie für Lehrer die uneingeschränkte Tätigkeit auch im Angestelltenverhältnis rechtlich ermöglicht werden kann“, heißt es in einem Beschluß, den der Senat im Zusammenhang mit dem Doppelhaushalt 95/96 verabschiedet hat und der der taz vorliegt. Besonders betroffen von den 33.400 Lehrern in Berlin sind die Pädagogen im Ostteil. Im April waren von den dortigen 13.700 Lehrern erst 72 verbeamtet – von den 19.700 Kollegen im Westteil sind 15.400 Beamte. Inwieweit in den östlichen Bezirken die Verbeamtung fortgesetzt werden soll, so heißt es jetzt, „ist zu einem späteren Zeitpunkt zu entscheiden“.

Aus Sicht des Senats „ist es nicht zwingend, daß die Tätigkeit eines Lehrers nur im Beamtenverhältnis ausgeübt werden kann“. Hintergrund der Überlegung: Die Arbeitsverträge von angestellten Lehrern können – im Gegensatz zu Beamten – gekündigt oder von vornherein befristet werden. Außerdem können Angestellte flexibler eingesetzt werden, Teilzeitverträge sind möglich.

Der Beschluß ist laut Protokoll im Senat in namentlich offener Abstimmung einstimmig getroffen worden – gemeinsam mit Schulsenator Jürgen Klemann (CDU). Doch in der Landesregierung ist anderthalb Wochen nach der Klausurtagung zum Doppelhaushalt ein Streit ausgebrochen. Nun will nämlich Klemann den Beschluß nicht mehr mittragen. Der Text sei mißverständlich formuliert worden, sagte der Sprecher der Schulverwaltung, Andreas Moegelin: „Wir arbeiten weiter mit Hochdruck an der Verbeamtung von ehemaligen DDR-Lehrern.“ Denn bis Ende 1995 gebe es die Möglichkeit eines vereinfachten Verfahrens. Danach werde es für Lehrer, die ihre Ausbildung in der DDR gemacht haben, schwieriger, den Beamtenstatus zu erhalten. Zur Zeit sei außerdem durch das Landesbeamtengesetz die Lehrtätigkeit als hoheitliche Aufgabe definiert, die folglich von Beamten wahrgenommen werden soll. Wer dies ablehnt, müsse das Landesgesetz und damit Bundesregelungen verändern. Gestern war bekanntgeworden, daß der Senat ebenfalls die automatische Verbeamtung von Hochschul-Professoren stoppen will. Berlin will eine entsprechende Initiative im Bundesrat einbringen.

Die GEW reagierte zurückhaltend auf den Senatsbeschluß. Verbeamtete Lehrer kämen dem Land Berlin billiger als angestellte, sagte Klaus Büscher, zuständig für Beamten-, Angestellten- und Tarifrecht. Denn erstere würden nicht sozialversichert. Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) dränge aber seit langem auf eine Vereinheitlichung des Personalrechts, mit der die Unterschiede zwischen Arbeitern, Angestellten und Beamten aufgehoben werden sollen. In einem Grundsatzbeschluß bevorzuge die GEW das Angestelltenverhältnis. Dirk Wildt