Die drei Musketiere ...

■ ... und ihre gar schrecklichen Erlebnisse im 17. Abenteuer der Tour de France

Berlin (taz) – „Der Dandy, das Kind und die Randfigur.“ Le Monde schwelgt – die grande nation erlebt die Auferstehung der drei Musketiere. Bienvenue: Athos, Aramis und Porthos. Auch wenn die drei Freunde heute längst nicht mehr an der Seite von d'Artagnan gegen die verhaßte Garde des Kardinals von Richelieu kämpfen, sondern jeder, auf sich allein und seinen Sattel gestellt, gegen die Uhr und den Spanier Miguel Induráin anrasen, bergauf, bergab. Unermüdlich triumphierend über die Schurken. Bonjour: Richard Virenque, Luc Leblanc und Armand de las Cuevas. Schade, daß Ihr nicht mehr seid, was Ihr einst wart, Ihr Unzertrennlichen.

Am Mittwoch ließ sich das Kleeblatt gänzlich unliterarisch auseinanderdividieren von attackierenden, pedalierenden Truppen. Dabei hatten sie sich am Start in Bourg d'Oisans noch einträchtig hintereinander als Zweit-, Dritt- und Viertplazierte in das 17. Abenteuer ihrer Tour de France gestürzt. Und dann ließ sich Leblanc (25), der kindliche Held, abdrängen, von einem Italiener, Pantani sein Name, vom dritten auf den vierten Platz. Er, der 1991, als er einen Tag lang in gelber Rüstung fahren durfte, ritterlich kundtat, „ich tue dies, um Poulidor zu rächen“. Poulidor, der ewige Zweite, sein großes Idol, aus dem Limousin wie er. Und dann mußte er sein Rüstzeug abtreten an Miguel Induráin, den er nach seinem diesjährigen Etappensieg „irgendwann einmal als Kronprinzen beerben könnte“ (Le Monde).

Nein, nein, ihrer aller Erzeuger, ein gewisser Monsieur Dumas, hätte sich im Grab umgedreht: Leblanc Vierter, de las Cuevas gar nur 17., nachdem er sich 20:02 Minuten abknöpfen ließ von den feindlichen Heerscharen. Sicher er, der Sohn eines Spaniers und einer Französin, der Außenseiter, ist auf dem Haupte schon etwas degarniert und im Gemüte „weit entfernt von dem zweifelhaften oder kindlichen Charme der Virenque oder Leblancs“ (Le Monde), aber muß er sich deshalb derart überrennen lassen? Bis vor zwei Jahren hat er immerhin noch für Banesto und damit an einer Front mit Induráin die Pedale gewetzt, ist sich dann aber mit dem Chef der Equipe, José Miguel Echavarri, uneins geworden und zu Castorama übergelaufen. Ist er nun auch all seiner kämpferischen Tugenden (Platz neun beim Giro d'Italia trotz Handgelenksverletzung) verlustig geworden? Platz 17! Von wegen viele honneur. Große Schande: So was ausgerechnet ihm, der von Anbeginn des Halalis kundtun ließ: „Diesmal will ich Zweiter werden.“

Zweiter, immerhin, ist der letzte der Musketiere: Virenque. Jenem hat es nichts ausgemacht, daß Nelson Rodriguez, der kolumbianische Kletterer, als erster im neun Grad kalten und 2.275 Meter hohen Val Thorens angelangte. Aber er, der behauptet, „der Ruhm ist wie eine Tasse Schokolade, wer einmal davon probiert hat, möchte immer mehr haben“, kann von Glück auf sagen, daß der Schurke Marco Pantani, ihm noch 50 Sekunden ließ, jenes glorreiche Kakaogebräu zu goutieren. coh