■ Das Portrait
: Emil Carlebach

Opfer und Täter Foto: dpa (1954)

Ein „skrupelloser Apparatschik“: So darf nach einem Urteil des Oberlandesgerichts Frankfurt/Main der Altkommunist und Ex-Herausgeber der Frankfurter Rundschau Emil Carlebach (79) genannt werden. Der ehemalige KZ-Häftling, heute Sprecher der Lagergemeinschaft Buchenwald- Dora, muß auch die Behauptung hinnehmen, daß er als Blockältester im KZ-Buchenwald einen ihm politisch mißliebigen Mithäftling mit der Einweisung in den berüchtigten Block 46 (Flecktyphus-Versuchsanstalt) beseitigen lassen wollte.

Mit diesem Urteil geht ein fast vierjähriger Rechtsstreit zwischen Carlebach und dem österreichischen Historiker Hans Schafranek zu Ende. Dieser hatte in seinem Buch „Zwischen NKWD und Gestapo“ (isp-Verlag) weitere schwerwiegende Beschuldigungen ehemaliger Häftlinge von Buchenwald gegen Carlebach öffentlich gemacht. So zitierte Schafranek auch aus einem Schreiben aus dem Jahre 1951 von Benedikt Kautsky an Margarethe Buber-Neumann, Witwe des 1937 in der UdSSR ermordeten KPD-Spitzenfunktionärs Heinz Neumann: „Ich glaube gern, daß Carlebach direkt sieben Menschenleben auf dem Gewissen hat, ich selbst weiß von zwei.“ Und in einer eidesstattlichen Versicherung von Kautsky heißt es, daß Carlebach im KZ Buchenwald die „vorsätzliche Tötung von zwei polnischen Juden veranlaßt“ habe. Diese Passagen muß Schafranek nun unkenntlich machen lassen, denn das Gericht meinte, daß der Autor sich „nicht bewiesene Aussagen“ zeitgeschichtlicher Personen zu eigen gemacht habe.

Daß der Blockälteste und Stalinist Emil Carlebach in Buchenwald „gegen Parteifeinde unter den jüdischen Häftlingen“ kämpfte, schrieb er selbst in seinem „Tätigkeitsbericht“ an den Parteivorstand der KPD im Jahre 1953. Darin räumte Carlebach auch ein, versucht zu haben, einen vermeintlichen Trotzkisten aus dem Lager zu „entfernen“ (Block 46) – ein „offensichtlich zu sektiererisches Urteil“ (Carlebach).

Die Professoren Iring Fetscher, Helmut Dahmer und Hermann Weber bezeichneten den Versuch von Carlebach, die Veröffentlichung von Dokumenten, die stalinistische Verbrechen belegen, von einem bundesdeutschen Gericht verbieten zu lassen, als „dreist“: „Emil Carlebach und seine Gesinnungsfreunde müssen – nach 50 Jahren – akzeptieren, daß sie, selbst Gegner und Opfer des SS-Staates, Komplizen des mörderischen Stalin-Regimes gewesen sind.“ kpk