Erleichterung und Enttäuschung in Bosnien

■ Reaktionen auf das Scheitern des Teilungsplans / Luftbrücke unterbrochen

Split (taz) – Nachdem gestern über Sarajevo erneut drei Flugzeuge beschossen worden sind, hat die UNO ihre Luftbrücke zum zweitenmal innerhalb von 24 Stunden eingestellt. Bereits am Mittwoch war eine US-Maschine von einer Gewehrkugel getroffen worden. Mit den Schüssen habe die serbische Seite einen Erfolg verbuchen können, heißt es in einem Bericht von Radio Sarajevo. Denn die Lieferung der dringend benötigten Hilfsgüter nach Sarajevo sei nun nachhaltig unterbrochen. Und da auch die bisher offene Straßenverbindung über den Berg Igman angesichts der Aktivitäten der serbischen Armee unpassierbar sei, sei die Stadt Sarajevo erneut von der Außenwelt abgeschnitten.

Bisher wollten die Sprecher der Vereinten Nationen die Vorfälle noch nicht offiziell bewerten. Die Herkunft der Schüsse sei nicht eindeutig erwiesen. Die drei Flugzeuge, allesamt UN-Maschinen, eine C-141, eine Antonow und eine Iljuschin 76, seien jeweils mit rund 10 Schüssen aus leichten Maschinengewehren von der Westseite des Flughafens beschossen worden, wo sich vor allem serbische Stellungen befänden. „Ziehen Sie daraus Ihre eigenen Schlüsse“, sagte ein Sprecher. Die Ablehnung des Genfer Teilungsplans für Bosnien erfolge nicht nur schriftlich, sondern auch auf andere Weise, hieß es in inoffiziellen Stellungnahmen anderer Mitarbeiter im UNO- Hauptquartier in Zagreb.

Wird das Waffenembargo aufgehoben?

Ein Kommentator von Radio Sarajevo wies darauf hin, daß es nach der Ablehnung des Teilungsplans durch die bosnischen Serben in bosnischen Regierungskreisen „deutliche Signale der Erleichterung“ gebe. Die schnelle Unterzeichnung des Plans durch die bosniakisch-kroatische Föderation hatte bei Kritikern in Sarajevo zur Befürchtung geführt, daß der Plan, falls die Serben ihn unterzeichneten, tatsächlich verwirklicht werden könnte. Mit den Schüssen auf die Flugzeuge, so eine bosnische Journalistin, sei diese Gefahr wohl gebannt. Die serbische Seite habe unbedacht reagiert. Hätten die Serben nämlich mit kühlem Kopf kalkuliert, hätten sie eigentlich dem Plan zustimmen müssen. Denn letztendlich hätten sie mit dem Plan die Teilung des bosnischen Staates und die Zerstörung der multikulturellen Konstitution der bosnischen Gesellschaft erreicht. Und das seien schließlich die wesentlichen Kriegsziele gewesen.

Die Bevölkerung Sarajevos und der bosnischen Föderation habe nicht an die Realisierung des Planes geglaubt, erklärte dagegen die Leiterin der Frauengruppe Bizer in Sarajevo, Aida Dajdzić. Zwar hätten viele Menschen gehofft, daß der Krieg nun vorbei sei und es endlich zu einer Normalisierung komme, doch andererseits habe in der Öffentlichkeit die Meinung vorgeherrscht, daß die Verhandlungen lediglich eine Ruhepause schafften. Die Schüsse auf die Unprofor-Flugzeuge könnten zeigen, daß die Ruhepause nur knapp bemessen gewesen sei.

Nun warte die bosniakisch- kroatische Föderation auf die Aufhebung des Waffenembargos, hieß es in einem Beitrag von Radio Zagreb. Und es wurde noch einmal betont, daß auch der britische Außenminister Hurd die Aufhebung des Embargos gefordert hatte, falls die serbische Seite den Teilungsplan ablehne. Die serbische Seite wolle mit den Schüssen ihre Kriegsaktivitäten ausweiten, bevor es zu einer Entscheidung über das Waffenembargo komme, erklärte ein Sprecher der bosnischen Armee in Mostar. Damit sollten erneut Fakten geschaffen werden.

Skeptisch beurteilt der slowenische Kommentator Ervin Hladnik- Milharcic die Rolle der UNO bei dieser Entscheidung. „Weil sich die UNO angesichts der Schüsse auf drei ihrer Flugzeuge nicht zu einer Stellungnahme durchringen kann, wird wohl nur mit Protesten auf diese Provokation geantwortet werden.“ Es sei zu erwarten, daß der Oberkommandierende der UNO-Truppen in Bosnien vor die Kameras treten und verkünden werde, die Aufhebung des Waffenembargos führe zu verstärkten Angriffen auf die Unprofor-Truppen. Erich Rathfelder