Plötzlicher Andrang bei Eko

Nachdem Riva vor zwei Monaten ausgestiegen ist, melden sich neue Investoren / Bremer Hegemann-Gruppe will in Eisenhüttenstadt integriertes Stahlwerk errichten  ■ Von Lorenz Redicker

Berlin (taz) – Das Wunder von Eisenhüttenstadt: Bei Eko stehen die Interessenten plötzlich Schlange. Fünf potentielle Investoren konnte Treuhand-Vorstandsmitglied Heinz Krämer gestern bei einer Belegschaftsversammlung aufzählen. Danach führe die Treuhand „hoffnungsvolle Verhandlungen“ nicht nur mit der Hegemann-Gruppe aus Bremen, sondern auch mit einem Hamburger Konsortium, offenbar unter Führung der Hamburger Stahlwerke, mit Cockerill Sambre aus Belgien sowie nicht näher bezeichneten Interessenten aus Rußland und Kasachstan.

Die Thyssen Stahl AG, nach dem Ausstieg von Riva vor etwa zwei Monaten als einzig möglicher Käufer gehandelt, dementierte jegliches Übernahmeinteresse. Sie sei lediglich bereit, sich an einer Studie zur Wirtschaftlichkeit der Eko Stahl AG zu beteiligen, sagte gestern ein Konzernsprecher.

Erst am Mittwoch wurde das Interesse der Bremer Hegemann- Gruppe an Eko Stahl öffentlich. Die Bremer wollen ohne weitere Investoren ein neues Elektrostahlwerk mit einer Dünnbrammen- Gießanlage errichten. Damit wäre der Produktionslauf geschlossen, so daß Eko ein integriertes Stahlwerk mit modernster Technik würde, in dem Stahlschrott preiswert und energiearm verarbeitet werden könnte. In einem Gutachten für die Europäische Union und das Bundeswirtschaftsministerium hatten die britischen Wirtschaftsprüfer Coopers & Lybrand einem solchen Konzept langfristige Überlebensfähigkeit bescheinigt.

In der Stahlbranche ist die Hegemann-Gruppe keine unbekannte Größe: Zu Jahresbeginn stiegen die Bremer zusammen mit drei anderen Unternehmen bei der Klöckner Stahl AG ein. Die dabei gemachten Erfahrungen könnten das Interesse an Eko Stahl erklären: Hegemann engagierte sich erst bei Klöckner, als die bankrotte Stahlschmiede durch einen Vergleich saniert worden war. Ohne die zuvor immensen Zinsbelastungen erwirtschaftet die Bremer Hütte inzwischen einen Gewinn. Branchenprimus Thyssen und vor allem Krupp-Hoesch dagegen schmelzen Stahl nur mit großen Verlusten.

Die große Zahl der plötzlich auftauchenden Eko-Interessenten dürfte vor allem auf die zu erwartenden Subventionen aus Brüssel, Bonn und Potsdam zurückzuführen sein. Bis zu einer Milliarde Mark an öffentlichen Geldern werden für den Ausbau der Hütte erwartet. Ohne den Ausbau zu einem integrierten Stahlwerk geben viele Experten der Eko keine Überlebenschance. Das Problem dabei: Die europaweiten Überkapazitäten an Warmband-Stahl, zur Zeit etwa 19 Millionen Tonnen, würden um eine weitere Million Tonnen erhöht.

Für Eisenhüttenstadt selbst ist der Erhalt der Eko existentiell notwendig: Wenn auch von ehemals 12.000 Beschäftigten im Jahre 1990 nur noch 3.000 übriggeblieben sind, so ist die Hütte immer noch bei weitem größter Arbeitgeber vor Ort.