Künstler protestieren in Bangladesch

■ Grass appelliert an Premierministerin

Berlin (taz) – In der Hauptstadt von Bangladesch versammelten sich gestern rund 50 Männer und Frauen, Künstler, Schriftsteller und Wissenschaftler, um für die Freiheit des Geistes und gegen die Bedrohung durch islamistische Gruppen zu demonstrieren, berichtet der Journalist Ahmad Fazl in Dhaka. Anlaß für ihre Protestkundgebung war der Mordaufruf gegen die Autorin und Feministin Taslima Nasrin. Die zunächst von einer islamistischen Splittergruppe ausgehenden Kampagne gegen die 32jährige war von rechten und islamistischen Parteien aufgegriffen worden. Sie bildet den Höhepunkt der wachsenden Bedrohung liberaler und säkularer Intellektueller.

Weder die Regierung von Bangladesch noch die großen Parteien kommentierten jedoch die Initiative der Europäischen Union, Taslima Nasrin eine Ausreise nach Europa zu ermöglichen. Ein Regierungssprecher bestätigte lediglich den Eingang der Erklärung des EU-Ministerrats. Nur Vertreter zweier kleiner rechter und islamistischer Parteien äußerten sich: Sie verurteilten die EU-Initiative als Einmischung in innere Angelegenheiten Bangladeschs.

Regierungsvertreter sagten, sie seien zuversichtlich, daß ein für den 29. Juli von Fundamentalisten angekündigter Demonstrationszug gegen Taslima Nasrin nicht viele Teilnehmer anziehen würde. Die Regierung werde allerdings Bahnhöfe und Straßen verstärkt kontrollieren, um eine starke Mobilisierung zu unterbinden.

Jetzt hat sich auch der Schriftsteller Günter Grass für Taslima Nasrin eingesetzt: In einem offenen Brief an die Ministerpräsidentin von Bangladesch, Khaleda Zia, schrieb er: „Ich bitte Sie, sich als Frau und Ministerpräsidentin schützend vor Taslima Nasrin zu stellen, damit in Ihrem leidgeprüften Land nicht weiteres Unrecht geschieht.“ Die Deutsche Welle wollte den Aufruf über seine Auslandsprogramme verbreiten. Jutta Lietsch