■ Das Portrait: Reinhard Höppner
Den Tag seiner Wahl zum neuen Regierungschef von Sachsen-Anhalt begann Reinhard Höppner in gewohnter Umgebung. Vor dem ersten Wahlgang hatte die Landtagsverwaltung die Abgeordneten des neuen Landtages zum ökumenischen Gottesdienst in den Magdeburger Dom geladen. Innerhalb der evangelischen Kirche hatte Höppner auch seine ersten administrativen Erfahrungen gemacht. Der praktizierende Christ und Ehemann einer Pastorin war bis vor wenigen Wochen Präses der Synode der evangelischen Kirche in der Kirchenprovinz Sachsen. Bei der Neuwahl dann kandidierte der 45jährige nicht wieder für dieses Amt.
Höppner, gelöst Foto: rtr
Er strebte höhere Weihen an, und die wurden ihm am Donnerstag abend im dritten Wahlgang endlich zuteil.
Höppner ist Mathematiker, und als solcher müßte ihm eigentlich eine Politik ohne verläßliche und stabile Mehrheit im Parlament ein Greuel sein. Dennoch ist er zuversichtlich, mit dem „Magdeburger Modell“ althergebrachte Politikmuster des Westens aufbrechen zu können. „Wer, wenn nicht wir im Osten?“, fragt er Zweifler gern. Er ist überzeugt, daß seine angekündigte Suche nach wechselnden Mehrheiten sowohl bei der PDS als auch bei der CDU erfolgreich sein werde. „Da werden sich Mehrheiten ergeben, von denen sich die Rechenschieberpolitiker der alten Bundesländer mit ihrer Koalitionsarithmetik noch gar keine Vorstellung machen können.“ In den kommenden Wochen wird er allerdings noch einige Mühe haben, den Ursprung dieser neuen Erkenntnis zu erklären. – Daß sein Experiment schwierig werden könnte, weiß Höppner natürlich. Und auch den Verweis auf die „Quadratur des Kreises“ läßt er in Diskussionen um Sein oder Nichtsein seiner rot-grünen Minderheitsregierung durchaus zu. „Als gelernter Mathematiker verstehe ich von der Quadratur des Kreises eine ganze Menge“, kontert er gern. „Da gibt es hervorragende Näherungswerte.“
Mit seinem in der bundesdeutschen Parlamentsgeschichte einmaligen Modell, nämlich einer Minderheitsregierung vom Beginn der Legislaturperiode an, da ist Höppner fest überzeugt, kommt er endlich wieder zu einer Politik, die an den Bedürfnissen des Landes und seiner Menschen orientiert ist und nicht mehr an Parteibüchern. „Es ist doch unsinnig, wenn wir gute Vorschläge ablehnen, nur weil sie von der politischen Gegenseite kommen“, findet der Ministerpräsident. Löb
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