Kollektiv beiseitehoppeln

■ Immer häufiger: Feuerwehr-Probleme mit Falschparkern / Nur im Notfall wird das Auto zur Seite gedrückt

Immer öfter sind rücksichtslose Falschparker in engen Straßen für die Feuerwehr ein Hindernis. Die Löschzüge bleiben stecken oder müssen aufwendig rangieren – wodurch kostbare Zeit verlorengeht –, bevor sie einen Brandort erreichen. Selbst brachiale Nachhilfestunden zeigen nicht immer Erfolg.

Annenstraße, Hamburg-St Pauli, 22.12 Uhr. Die Feuerwehr ist zu einem Brand gerufen worden, vor einem Haus steht Unrat in Flammen. Mit Blaulicht und Martinshorn biegen die drei Fahrzeuge des Löschzuges in die enge Straße ein. Ein an einer Fahrbahnverengung abgestellter Pkw versperrt dem Tankwagen den Weg. „Der Fahrer versuchte, im Slalom an dem Pkw vorbeizukommen“, so Feuerwehrsprecher Wolfgang Lindner. „Dabei hat er versehentlich einem Lada den Spiegel abgefahren. Das war ausgerechnet noch ein Fahrzeug, das ordnungsgemäß abgestellt war.“ Die Besitzerin und die Feuerwehr wurden sich schnell über die Regulierung des Bagatellschadens einig.

Im Ernstfall kann die Feuerwehr aber auch anders: „Wenn ich als Zugführer in 100 Metern ein brennendes Haus sehe, wo Leute am Fenster stehen und gleich springen wollen, dann würd' ich zum Fahrer sagen: ,Gib Gas und schieb ihn zur Seite!'“

Im Regelfall, wenn Zeit bleibt, wird jedoch der Zugführer die Mannschaft des Löschzuges „absitzen“ lassen und versuchen, den Wagen durch kollektives Anheben „beiseitezuhoppeln“: „Solange man nicht weiß, was tatsächlich los ist.“ Lindner: „Da würde auch der Staatsanwalt nicht mitspielen. Das verstößt gegen die Verhältnismäßigkeit, wenn ein Auto stark beschädigt wird, und dann brennt da nur Fleisch im Topf.“

Obwohl die Feuerwehr häufig mit versperrten Anfahrtswegen zu tun hat, sieht die Unfallstatistik relativ gut aus. Lindner: „Solche Unfälle passieren 300 Mal im Jahr – bei 180.000 Einstätzen wohl eher eine geringe Anzahl.“ Die staatlichen Löscher versuchen durch Prävention die Anwohner enger Straßen durch Demonstration zu sensibilisieren. Auch in der Annenstraße.

Ein Anwohner berichtet: „Die haben das schon mehrmals und mit Vorliebe Sonntagsmorgen um sieben Uhr gemacht, wo noch alle Leute da sind. Dann lassen sie 10 Minuten das Martinshorn laufen, bis alle am Fenster stehen und rausgucken und der Parksünder verschämt sein Auto beiseite fährt.“ In der Annenstraße hatte offenkundig auch diese brachiale Weckmethode bei den Nachhilfestunden keinen Erfolg. Kai von Appen