Ein Rückschlag für die deutsche Genforschung

■ Bereits drei Freisetzungsexperimente wurden von Gentechnikgegnern zerstört

Zur Warnung stand alle 20 Meter ein Schild „Freisetzungsversuch – Nicht zum Verzehr bestimmt“ und am Schluß der Satz: „Betreten für Unbefugte untersagt“. Letzteres haben Unbekannte, die vergangene Woche auf das Versuchsgelände des Guts Roggenstein bei München vordrangen, einfach ignoriert. „Alle Pflanzen des Freisetzungsversuchs mit gentechnisch verändertem Mais wurden mutwillig zerstört“, heißt es einen Tag später dann in einer Mitteilung des Lehrstuhls für Pflanzenbau und Pflanzenzucht der TU München, der unter Federführung von Professor Gerd Fischbeck das Experiment mit den Basta-resistenten Pflanzen betreut.

Mit dieser Aktion ist jetzt schon das dritte Freisetzungsexperiment von Gentechnikgegnern gestört worden. Die beiden ersten Male traf es die Kleinwanzlebener Saatzucht (KWS), die ihre Versuche vom Vorjahr mit manipulierten Zuckerrüben wiederholt: In der ersten Junihälfte zerstörten Unbekannte einen Teil der Virus- und Basta-resistenten Pflanzen auf einem Versuchsacker der KWS im bayerischen Oberviehhausen. Vor zwei Wochen dann schlugen die Gentechnikgegner im niedersächsischen Wetze bei Northeim zu: Eines der etwa zehn offenen Folienhäuser, in denen die Zuckerrüben wuchsen, wurde in Brand gesteckt.

Noch Anfang des Jahres jubelte die Gentech-Branche. Mit dem neuen entschärften Gentechnikgesetz schien der „Forschungsstandort Deutschland“ gesichert zu sein. Brachte die Gesetzesnovelle doch wesentliche Erleichterungen bei den Anmelde- und Genehmigungsverfahren. Insbesondere das Anhörungsverfahren war den Forschern ein Dorn im Auge, mußten sie doch dort ihre Versuche zur Diskussion stellen und rechtfertigen. „Das war eine öffentliche Abkanzelung“, so Alfred Pühler, Professor für Genetik an der Universität Bielefeld. Gleich nach dem Wegfall der Anhörungen ging bei der Genehmigungsbehörde auch gleich eine Flut von Freisetzungsanträgen ein. Insgesamt zehn Experimente mit manipulierten Pflanzen werden derzeit in der Bundesrepublik durchgeführt.

Für die „BI Basta!“, eine Bürgerinitiative, die sich gegen die Versuche auf Gut Roggenstein ausspricht und auf die „Macht der politischen Debatte“ setzt, sind die Zerstörungen der Gentech-Pflanzen das Ergebnis dieses „systematischen Ausschlusses der Öffentlichkeitsbeteiligung“. Sie ist nicht verwundert darüber, daß betroffene Bürger jetzt „selber Sachzwänge schaffen“. Die Münchner Genforscher von der TU hingegen sehen das ganz anders. Für sie ist die „Aktion nicht nur ungesetzlich, sondern auch völlig unverständlich“. Sie sehen in der „vorausgegangenen Panikmache“ den „wesentlichen Grund für diese Gewalttat“. Abgesehen vom finanziellen Schaden, sei dies „ein gravierender Rückschlag in der deutschen biologischen Forschung“. Wolfgang Löhr