Baden in der Elbe? „Früher war die viel dreckiger“

■ Hamburgs Fluß lockt Badewütige - auf eigenes Risiko: „Wir holen keinen raus“, warnt die Umweltbehörde

Drückende Hitze. Kein Lüftchen weht. Der Körper lechzt nach Abkühlung - und Hamburg liegt schließlich an der Elbe. Alle woll'n dasselbe...? Tatsächlich tummeln sich dieser Tage jede Menge Badewütige an den Hamburger Elbstränden, sei es, daß ihnen die Eintrittspreise der Freibäder zu hoch sind oder weil's einfach zu heiß ist: „Man denkt einfach nicht mehr dran, daß die Elbe verdreckt ist", sinniert die 15jähriges Özlem über ihr eigentlich paradoxes Verhalten. Denn nach der Badewasserverordnung ist das Baden in der Elbe verboten.

„Die bakterielle Belastung und die Schadstoffkonzentrationen im Wasser sind zu hoch, auch wenn die Schadstoffe seit ein paar Jahren weniger werden“, warnt Michael Bergemann, wissenschaftlicher Angestellter bei der Wassergütestelle Elbe, vor dem Sprung in Hamburgs Fluß. Gesetzlich vorgeschrieben ist außerdem eine sogenannte Sichttiefe von einem Meter.

Damit ist es in der Elbbrühe zwar nicht weit her - doch die über 70jährige Elli Farnick hat kürzlich sogar kleine weiße Krebse gefunden. „Die hab' ich seit über zehn Jahren nicht mehr gesehen“, staunt die braungebrannte mehrfache Großmutter. „Mein ganzes Leben hab' ich in der Elbe gebadet, und meine fünf Söhne konnten eher schwimmen als laufen“, verteidigt sie ihren täglichen Gang ins Elbwasser. Das sei schließlich früher noch viel dreckiger gewesen. 1930 zum Beispiel, als der Schwimmunterricht der Schule noch regelmäßig im Fluß stattgefunden habe: „Da mußten wir den ganzen Strand von fauligem Obst befreien, das von den Schiffen der Obstbauern stammte, damit wir schwimmen konnten“, erinnert sich die rüstige Rentnerin.

Benjamin Vogt (12) hingegen findet nur tote Tiere: Krebse, Vögel und Fische hat er schon gesichtet. Irgendwie mache ihn das nachdenklich, sagt Benjamin. „Schilder sollen vom Baden abraten“, meint dann auch Winnie Vesterbeck (31), die sich nur am Badestrand sonnt, aber „niemals“ zum Schwimmen in den vielbesungenen Fluß geht. Der Harburger Klaus Irmisch, der vor 20 Jahren selber in den kühlenden Fluten paddelte (“Da war die ganze Elbe voller Kinder“), erlaubt seinem eigenen Kind heute nur noch, die Füße ins Wasser zu halten. „Die Standardverseuchung kriegt man nie wieder weg“, sagt er. Auch der 32jährige Harburger plädiert für Badeverbotsschilder, „auf denen auch steht, wie kaputt das Wasser ist“.

Für Kai Fabig, Sprecher der Umweltbehörde, kein Thema: „Wir haben Besseres zu tun, als Schilder aufzustellen.“ Und weiter: „Wir holen da keinen raus“, so Fabig, „das muß jeder selber wissen, ob er da badet oder nicht.“

Tammo Löffler