Unterm Strich

„Mirr kocht derr Blutt!“ pflegen gewisse KollegInnen an manchen Tagen zu scherzen, wenn ihnen die Hormone und die Hektik der Produktion durcheinandergeraten. Bei 34 Grad allerdings sitzen sie nun zu Hause und trinken – heißen Kräutertee!!!. „Das Wetter“, würde Ulrich Wickert jetzt wahrscheinlich aus gekräuselten Mundwinkeln süffisant hintanhängen, wir allerdings geben zu vermelden, daß Sven Väth, Techno-Rumpelstilzchen mit zersäbelter Haarpracht à la Dschingis-Khan, die US-Charts mit Euro-Geblubber erobern will. Vorgearbeitet hat er mit einigen Parties in Miami, wo er Discotracks mit den Geburts-Wehelauten von Delphinen mixte. Solcherlei positiv sanftgebärendes Durcheinander und noch viel mehr findet sich auf seiner LP „Accident in Paradise“. Doch die Amis zaudern und zagen. Die freundlich monotone Elektronik-Schallplatte findet sich in New Yorker Fachgeschäften, etwa denen von Greenwich Village, unter Heavy Metal. Bloß weil Sven auf dem Cover sein dünnes Kinnbärtchen einmal offen trägt und sich den Körper mit allerlei Voodooeskem hat bemalen lassen.

Der Münchener Maler Martin Potsch will es am Mittwoch wissen: In einer ungewöhnlichen Verkaufsausstellung werden 1.000 seiner leicht und luftig dahingemalten Exponate zwischen Pop-Expressionismus und Zeichenstunde in der Berliner Kulturbrauerei im Prenzlauer Berg angeboten. Die handsignierten Arbeiten im Format von 70 mal 100 Zentimetern sind für 15 Mark das Stück zu haben, so der Veranstalter. Im Hintergrund soll während der nächtlichen Tupperkunstparty Kaufhausmusik laufen. Die Kunden schieben dann ihre Einkaufswagen durch die Gänge. Die Luft wird von Gulasch-Duft aus der Kanone erfüllt sein. An einer Kaufhaus-Kasse wird abgerechnet.

In Weimar hängt man auch vier Wochen nach Syberbergs Deutschstunde mit der Peitsche noch Friedrich Nietzsche an. Dieses Wochenende waren der Krieg in Bosnien und die dortigen „ethnischen Säuberungen“ Gegenstand eines Symposiums zum 150. Geburtstag des Philosophen, das sich mit dessen Äußerungen zu Nationalismus und europäischer Einigung beschäftigte. Während Nietzsche jedoch Vordenker und Visionär eines „Europa der Durchmischung“ gewesen sei, könne der Verlust traditioneller Bindungen heute „Raumideologien von Rechts“ fördern.