■ Das Portrait
: Martin Rickelt

Als „Onkel Franz“ im Fernsehdauerbrenner „Lindenstraße“ ist Martin Rickelt die Pest – der Prototyp eines schnapstriefenden Stammtischphilosophen, der häßlichste aller Deutschen und unverbesserlicher Altnazi. Doch nun müssen die ZuschauerInnen mit ansehen, wie ihm als Haßfigur der Rang abgelaufen wird: In der Lindenstraße herrscht eine Inflation gruseliger Charaktere, aus deren Blick der Lindenwahn spricht.

Wird Onkel Franz jetzt zum Mitleidträger degradiert? Nachdem er den jungen Rechtsaußen Olli Klatt aufgenommen hat, wird's mit ihm bergab gehen. „Onkel Franz geht es wie dem Zauberlehrling“, sagt Martin Rickelt, der seit der 89. Folge (13.8.87) diese Rolle verkörpert. „Er wird die Geister, die er rief, nicht mehr los.“ Privat hat der gebürtige Berliner nichts mit dem Seriencharakter gemein. Er ist Demokrat und war jahrzehntelang gewerkschaftlich engagiert. Als Rundfunkrat, Arbeits- und Sozialrichter und Landesobmann der Genossenschaft Deutscher Bühnen-Angehöriger hat er sich ein Leben lang ehrenamtlich für die KollegInnen eingesetzt. 1975 erhielt Rickelt das Bundesverdienstkreuz. Die Rolle als „Onkel Franz“ nahm er gern an, obwohl der heute 78jährige schon damals das Rentenalter erreicht hatte. Er stand schon seit Stummfilmzeiten vor der Kamera und drehte mit Käutner, Staudte und Korte. Doch die Rolle des bösen Onkels, die ihn bis ins letzte deutsche Wohnzimmer bekannt machte, reizte ihn, weil er sich „der Verantwortung der Rolle sehr bewußt“ gewesen sei. „Ich denke, daß die Rolle gerade Onkel FranzFoto: WDR

wegen ihrer eindeutig rechten Auslegung eine wichtige Botschaft rüberbringt“, sagt er. Seine Fans geben ihm recht: „Im Grunde genommen erhalte ich nur zwei Sorten von Briefen. Die einen schreiben, was für ein toller Nazi der Onkel Franz ist, und fordern, ich sollte mal richtig durchgreifen. Die anderen beschimpfen mich als Schwein.“ Kopf hoch, Onkel Franz: Bleib, wie du bist! Kirsten Niemann