Das Imperium wächst und wächst...

■ Fielmann-Brillen weltweit? Jetzt geht der Brillenkönig an die Börse Von Kai von Appen

„Nicht kleckern – klotzen!“ Brillenkönig Günther Fielmann setzt weiter auf Expansion. Durch die Umwandlung des Familienunternehmens von einer „KG“ in eine „AG“ seit 1. Juli 1994 und dem Gang an die Börse im September will er die finanziellen Voraussetzungen schaffen, um das Filialnetz bundesweit zu erweitern und internationale Märkte zu erschließen. Fielmann: „Die Chancen waren noch nie so gut wie heute.“

„Sie müssen etwas anderes tun als die Konkurrenten.“ Mit dieser Vorgabe ist Fielmann die vergangenen 20 Jahre gut gefahren. So bot er modische Brillengestelle zum Kassentarif an, gewährte die „Geld-zurück-Garantie“ und machte die Brille zum „Intelligenzverstärker“ oder „modischen Accessoire“ - kurz, der klassische Optikerladen wandelte sich unter seiner Ägide zum „Supercenter“ mit einem Brillenangebot in „kapitalistischer Fülle“. Binnen kurzem mauserte sich der Cuxhavener Augenoptiker so zum größten Brillen-Multi Europas. In seinen 283 Niederlassungen verkauften die 4700 MitarbeiterInnen 1993 3,2 Millionen Brillen, machten 766 Millionen Mark Umsatz und konnten im Gegensatz zu seinen Konkurrenten einen zweistelligen Umsatzzuwachs verbuchen. Der Brillen-Mogul selbstzufrieden: „Fielmann hat 20 Jahre lang Sonderkonjunktur gehabt.“

Neben einer cleveren Marketingstrategie und der Unternehmensphilosophie: „Wir verzichten auf den Maximalprofit, wir verdienen an kleinen Preisen“, habe das „Zunft- und Handwerksdenken“ seiner Konkurrenten ihm Wettbewerbsvorteile beschert. Denn die ließen viel Geld in den Taschen von Agenten und Grossisten versickern. „Uns reicht als Gewinn die Marge der Grossisten“, so Fielmann. Und hämisch: „Für ein edles Goldgestell zahlt man bei Fielmann von der Produktion bis zum Endverbraucher 139 Mark. Das zahlt mein Kollege, wenn er die Brille einkauft.“ Sein Geheimnis: Das Unternehmen hatte sich frühzeitig im Osten, in Italien und Asien als Brillenproduzent engagiert und kann sich so günstige Einkaufsrenditen sichern.

Durch den Verkauf von Vorzugsaktien an der Börse möchte der Brillenkönig das Grundkapital im Konzern auf 105 Millionen Mark erhöhen, um zu einer internationalen Offensive zu blasen: In Süddeutschland sollen Ladenketten aufgemacht werden oder durch Aufkauf von Konkurrenten entstehen. In jeder Stadt über 80.000 EinwohnerInnen möchte Fielmann künftig präsent sein. In Österreich und der Schweiz werden 18 Geschäfte eröffnet. In Berlin wird auf einen Schlag ein Filialnetz entstehen. Fielmann: „Ich habe im Osten gelernt, daß sich bei erhöhtem Kapitaleinsatz erheblich schneller und mehr Geld verdienen läßt.“ In Rußland beteiligt sich das Unternehmen bereits an einem Produktionsbetrieb zum Billigtarif (Fielmann: „Hongkonglöhne liegen vor der deutschen Haustür“); der russische Werbefilm - „Mein Papi hat keinen Pfennig dazu bezahlt“ - ist bereits fertig. In China sollen im „Joint-Venture“-Verfahren Produktionswerke entstehen, wo „optimale Rahmenbedingungen herrschen“ und der Brillenboom unmittelbar bevorstehe. Bis 1998 möchte Fielmann den Umsatz auf über 1,4 Milliarden steigern.

Trotz kapitalistischer Gigantomanie bleibt Fielmann alten Grundsätzen treu: So pflanzt er jedes Jahr für jeden Mitarbeiter einen Baum gegen das Waldsterben – insgesamt 75.000 Pflänzchen wurden bereits gesetzt. Er engagiert sich für biodynamischen Anbau, und auch bei Spenden für soziale Einrichtungen oder den Breitensport zeigt er sich spendabel. Motto: „Eigentum verpflichtet“.