Am Potsdamer Platz droht der Baustopp

■ BUND-Klage bewirkt, daß Daimler-Benz vorläufig kein Grundwasser abpumpen darf / Genehmigung geändert

Daimler-Benz will am Potsdamer Platz in zwei Monaten mit dem Abpumpen von Grundwasser beginnen. Doch wie gestern bekannt wurde, darf der Konzern, der dort für rund drei Milliarden Mark die Dienstleistungszentrale debis baut, seine Absaugpumpen möglicherweise nicht einschalten und muß die Bauarbeiten vorläufig einstellen. Denn das Verwaltungsgericht hat eine Klage des Bundes für Natur und Umweltschutz (BUND) angenommen, mit der die Gültigkeit der wasserrechtlichen Genehmigung angezweifelt wird. Da die Klage aufschiebende Wirkung hat, darf der Daimler- Konzern so lange kein Grundwasser abpumpen, bis das Gericht über die Klage zu Gunsten des Bauherrn entschieden hat oder die für das Wasserrecht zuständige Umweltverwaltung die „sofortige Vollziehung“ anordnet.

Der BUND hatte Anfang des Monats Klage eingereicht, weil die Umweltverwaltung die wasserrechtliche Genehmigung „erheblich“ verändert habe, nachdem die gesetzlich vorgeschriebene Bürgerbeiteiligung längst beendet war. Rund vier Fünftel des entnommenen Grundwassers sollten ursprünglich wieder versickert werden, sagte gestern der umweltpolitische Sprecher von Bündnis 90/ Die Grünen, Hartwig Berger, nachträglich sei die Menge auf die Hälfte reduziert worden. Von den 2,85 Millionen Kubikmetern Wasser würden nur noch 1,5 Millionen Kubikmeter zurücklaufen. Berger befürchtet, daß die Bäume im Tiergarten erst recht Schaden nehmen.

Da es sich bei der Reduzierung der Wassermenge um eine erhebliche Veränderung handele, sagte Uwe Kröger vom BUND, hätte die Umweltverwaltung ein neues Bürgerbeteiligungsverfahren durchführen müssen. Mit Hilfe der Klage soll die Verwaltung dazu bewegt werden, entweder dieses Verfahren neu zu eröffnen oder die jetzige wasserrechtliche Genehmigung zurückzunehmen.

Der Grundwasserexperte der Umweltverwaltung, Martin Böhme, bestritt dagegen, daß es sich um eine erhebliche Änderung handele. Zwar sei es richtig, daß nur noch mindestens die Hälfte des Grundwassers zurückgepumpt werden soll. Doch sehe die neue Genehmigung vor, daß dies ständig passiere. Ursprünglich sei eine Menge von zwei Dritteln vorgesehen gewesen, doch die hätte der Bauherr in unregelmäßigen Abständen zurückführen können. Zwischen der einen und der anderen Genehmigung gebe „es keinen großen Unterschied“, behauptete Böhme. Eine neue Bürgerbeteiligung, die zu Zeitverzögerungen bei den Baurbeiten geführt hätte, sei nicht nötig gewesen. Er geht davon aus, daß nach dem Eintreffen der Klage in der Verwaltung die aufschiebende Wirkung aufgehoben wird.

Um das Grundwasser zu versickern, bohrt die Baulog (Baulogistik Potsdamer Platz GmbH) am Karlsbad, am Gleisdreieck, im Mendelssohn-Bartholdy-Park, an der Tiergarten- und Lennéstraße Brunnen. Während der gesamten Bauarbeiten am Potsdamer Platz, so sieht es die Genehmigung der Umweltverwaltung vor, darf der Wasserspiegel unter dem Tiergarten bis zu vier Meter absinken, aber insgesamt nicht mehr als einen Meter schwanken – was der natürlichen Schwankungsbreite der vergangenen 20 Jahre entspricht. Auch wenn nur die Hälfte des entnommenen Wasser zurückgegeben werde, sagte Böhme, würden Daimler-Benz sowie später Sony, ABB und Wertheim/Hertie diese Auflage erfüllen. Möglicherweise falle das Grundwasser dafür stärker in den Bezirken Kreuzberg und Mitte. Einem Haus sei es aber egal, ob es vier oder sechs Meter über dem Wasserspiegel gebaut sei. Mark Münzing, Assistent der debis-Geschäftsführung, sah gestern dem Gerichtsverfahren ebenfalls „mit großer Gelassenheit“ entgegen. Dirk Wildt