■ Dokumentation der Hungerstreik-Erklärung
: „Leimrute der Bundesanwaltschaft“

„Wir gehen jetzt für eine begrenzte Zeit in den Hungerstreik, um nochmal mit Nachdruck die Situation zu vermitteln und wo sie steht. Irmgard soll nicht rauskommen. Die Staatsanwaltschaft hat bereits angekündigt, daß sie in die nächste Instanz gehen wird, wenn es in einem halben Jahr oder wann zu einer Entscheidung des Gerichts kommt. Also entweder Sperrfrist wegen Verweigerung der psychiatrischen Untersuchung oder die ganze Prozedur nochmal von vorne – damit haben sie weitere Jahre für Irmgard festgesetzt und so auch den ,Maßstab‘ für den Rest von uns.

Wir denken, auch für die breitere Öffentlichkeit liegt jetzt offen auf dem Tisch, daß über diesen rein justiziellen Schlauch, auf den sie uns geschoben haben, nichts geht, bis in die Einzelheiten ist die ganze Unmöglichkeit zu sehen: Aktuell werden Irmgards Mitgefangene und alle, die sie besuchen, aufgefordert, Einschätzungen, Beobachtungen und Beurteilungen von ihr abzuliefern, als Material für die psychiatrische ,Gefährlichkeitsprognose‘. Was Irmgard ablehnt, sollen nun die Menschen tun, die ihr nahestehen und politisch verbunden sind. Wir hoffen, das lehnen alle ab!

Es ist brotlos und an der Wirklichkeit vorbei, auf diesem Weg immer weiter mitzulaufen, sich an Scheinfragen abzuarbeiten (wie dem vorgeschobenen ,Gutachterproblem‘), von einer Anhörung auf die nächste zu hoffen, denn auf dem sogenannten rechtlichen Weg passiert schließlich immer nur eins: Es wird die politische Vorgabe vom Staat exekutiert, der herrschende politische Wille. Und der ist eindeutig: Wolfgang; Birgits Haftbedingungen und die Anklage gegen sie, wo schon alles klar ist; jetzt soll die Kontinuität des bewaffneten Angriffs in der BRD bis 92 abgeurteilt werden, wieder endloser Knast als Abschreckung gegen neue Aufbrüche; Evas Urteil; Heidis Prozeß und sämtliche Kronzeugenprozesse, die den Knast bis zum Tod für uns nun auch noch hundertfünfzig Prozent absichern sollen; über 100 neue politische Gefangene in den Knästen; PKK-Verbot und Verfolgung aller politisch aktiven kurdischen Menschen; Antifa-Prozesse; Razzien; Halim Dener, 16 Jahre, wird beim Plakatkleben von Zivilbullen erschossen. Das ist die Realität, nicht die neueste Leimrute der Bundesanwaltschaft, auf die wieder alle gezogen werden sollen, wo sie wieder mit der Justiz winken, nachdem die gerade bei Irmgard den Hammer hat runterfallen lassen.

Freiheit, eine reale Freiheitsperspektive für uns Gefangene kann nur am Dreh- und Angelpunkt ansetzen: am politischen Willen. Das heißt, einen anderen politischen Willen zu artikulieren und voranzubringen gegen die staatliche Liquidierungsstrategie, sie zum Einbrechen zu bringen. Wir sind damit, was wir seit 88 versucht haben aufzubauen, gescheitert. Aber trotzdem kann es auch weiterhin nur darum gehen, einen anderen politischen Willen zu bilden und zu artikulieren. Das ist nach wie vor der Punkt, um den es geht. (...)

Es ist notwendig, einen Schnitt zu machen, aufzuräumen mit dem Denken, das sich in den letzten Jahren etabliert hat, weg vom Starren auf „Angebote“, auf die Justiz, auf die ganze elende Tour, mit der der Staat die Schraube nur immer noch eine Umdrehung weiter zugedreht hat. Irmgard muß raus!

Manuela Happe, Eva Haule, Rolf Heissler, Sieglinde Hofmann, Christian Klar, Hanna Krabbe, Chistine Kuby, Irmgard Möller, Brigitte Mohnhaupt, Helmut Pohl, Heidi Schulz, Rolf Clemens Wagner.“

gekürzte Fassung