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VW Brasilien entdeckt die Liebe zur Umwelt

■ Autolatina beugt sich der Umwelt- behörde und baut neue Kläranlagen

Rio de Janeiro (taz) – Brasiliens größter Automobilkonzern Autolatina hat sich zu einer beachtlichen Umweltinvestition durchgerungen. Im Rahmen des Weltbank-Programmes zur Reinigung des stark verschmutzten Tiete- Flusses in der Metropole São Paulo wird die Holding der beiden Giganten VW und Ford bis zum Ende des Jahres dreizehn Millionen US-Dollar in den Ausbau von Kläranlagen und Kanalisation investieren.

Die Entscheidung, sich den strengeren Umweltauflagen der Umweltbehörde des Bundesstaates São Paulo, Cetesb, anzupassen, fiel in der vergangenen Woche. Die Umweltbehörde hatte dem Konzern mit dem Ultimatum einer zeitweisen Stillegung gedroht, falls sie die notwendigen Investitionen weiterhin verzögere (siehe taz vom 30. Juni).

Der Druck der Umweltbehörde auf die Industrie in der brasilianischen Metropole erklärt sich durch den Rechtfertigungszwang gegenüber der Interamerikanischen Entwicklungsbank (BID), die das 900-Millionen-Dollar-Projekt zur Hälfte finanziert. Der Gouverneur des Bundesstaates São Paulo, Luis Antonio Fleury, hatte vor drei Jahren ein Abkommen zur Reinigung des Tiete mit dem Weltbank-Institut unterzeichnet. Danach soll bis zum Ende dieses Jahres die Hälfte der umweltbelastenden Quellen beseitigt sein.

Bis jetzt haben 70 Prozent der 1.250 größten Umweltverschmutzer am Ufer des Tiete sich an die neuen Cetesb-Normen angepaßt. „Dies bedeutet“, so Cetesb-Direktor Lineu Alonso, „daß pro Tag 2.886 Kilo anorganischer Müll industriellen Ursprungs und 209 Tonnen organischer Abwässer weniger in den Fluß eingeleitet werden.“

Die VW-Fabrik „Anchieta" trägt bis jetzt mit einem Volumen von 5.000 Kubikmetern Abwässern pro Stunde zur Verschmutzung des bereits extrem belasteten Flusses in São Paulo bei.

Zwar verfügt die Produktionsstätte über eine Kläranlage mit einem Fassungsvermögen von 1.200 Kubikmetern pro Stunde. Da jedoch alle Abwässer, Lösungsmittel sowie organischer Abfall in einer einzigen Kanalisation zusammenfließen, erwies sich die bisherige Behandlung als uneffizient.

Nach Angaben des Umweltingenieurs Dorival De Biasi, der bei Autolatina für Investitionen im Bereich Umweltschutz zuständig ist, kostet die notwendige Erweiterung der Kanalisation in „Anchieta“ 3,9 Millionen Dollar. In der Ford-Produktionsstätte „Taboão“, wo sämtliche Abwässer ohne jegliche Behandlung in den Fluß geleitet werden, sind Investitionen von fünf Millionen Dollar notwendig. Der Rest der Summe verteilt sich auf die beiden kleineren Produktionsstätten des brasilianischen „Golfs“ sowie der Fertigung der VW-Lastwagen.

„Der Zeitplan ist eine echte Herausforderung“, räumt Dorival De Biasi gegenüber der taz ein. Pericles Asbahr von der Umweltbehörde Cetesb bezeichnet die überraschende Investitionsfreudigkeit Autolatinas schlicht als „exzellent“. Die multinationale Firma könne es sich seiner Meinung nach einfach nicht leisten, ihren Ruf zu verderben.

Im Gegensatz zu den unter Druck gesetzten Industrieunternehmen am Ufer des Tiete kommen die öffentlichen Kanalisationsarbeiten nur im Schneckentempo voran. Dabei sind die Fäkalien der Privathaushalte zu 50 Prozent für die Verwandlung des Tiete in eine Kloake verantwortlich. Die jüngste öffentliche Ausschreibung der zuständigen Behörde „Sabesp“ mußte aufgrund des Verdachts von Übervorteilung wieder annulliert werden.

Zweifel daran, daß sich die Prozedur wiederholen wird, sind nicht unberechtigt. Denn keines der brasilianischen Bauunternehmen will seinem Mitbewerber den Millionen-Auftrag alleine überlassen. Astrid Prange

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