Wie die Kammer mit dem Recht umgeht

■ bbi-Geschäftsführer gewinnen gegen Angestelltenkammer

„Unwahrheiten und Täuschungen“ seien bei deren Arbeit „an der Tagesordnung“ gewesen, hatte die Präsidentin der Angestelltenkammer, Irmtrud Gläser, über die langjährigen Geschäftsführer der Kammer-Tochter bbi erklärt. Die betroffenen Geschäftsführer, mit einer frischen Kündigung derzeit im Einigungsverfahren, gingen vors Arbeitsgericht, um eine einstweilige Verfügung zu erwirken. Am Donnerstag war Termin, und der Arbeitsrichter Wesser fand rein garnichts in Ordnung am Verhalten der Präsidentin. Ihr Justitiar Kück mußte vor Gericht den Verstand für sie hinhalten und suchte vergeblich, ihr Verhalten zu rechtfertigen.

Die Präsidentin hatte in ihrer Rede ihren Geschäftsführern - der eine seit Jahren in leitender Funktion in der Kammer - zudem nachgesagt, es müsse sich um „unfähige und verantwortungslose Personen“ handeln. Und sie hatte am Schluß ihres Redemanuskriptes erklärt: „Diese Rede wird morgen allen Einzelgewerkschaften zur Verfügung gestellt, mit der Bitte, sie in allen Betrieben und Verwaltungen zu verteilen.“

Verletzung der Fürsorgepflicht, Beleidigung, üble Nachrede, die Rechtsordnung verbietet in verschiedener Weise ehrabschneidendes Verhalten, insbesondere von Arbeitgebern gegen abhängig Beschäftigte.

Der Richter untersagte denn auch im Eilverfahren der Präsidentin, noch einmal so über ihre Geschäftsführer zu reden. Wenn der Redetext wirklich an alle Einzelgewerkschaften und Betriebe gegangen sei, dann, meinte der Richter, dann müsse die Präsidentin dafür sorgen, daß der Richterspruch auf demselben Wege verbreitet wird. Im Extremfalle also in hunderttausender Auflage. So sprach Arbeitsrichter Konrad Wesser am Donnerstag.

Freitag Nachmittag, Anruf bei Theo Klinger, Pressesprecher der Angestelltenkammer. Frage: Ist die Rede der Präsidentin verbreitet worden, und wenn ja - in welcher Auflage? Au, sagt Theo Klinger sinngemäß, im Grunde: „jein“. Er habe den Auftrag bekommen, aber leider dann doch noch nicht ganz ausgeführt. Da seien einige vorbeigekommen, die hätten das Redemanuskript mitbekommen, aber an alle Einzelgewerkschaften - noch nicht. Das werde er aber, auf diese Weise erinnert, umgehend erledigen. Umgehend.

Aber, fragt Theo Klinger zurück: Warum die Frage? Gibt es Beschwerden, daß die Rede noch nicht angekommen ist bei den Einzelgewerkschaften?

Der Pressesprecher wurde offensichtlich nicht von dem Gerichtsurteil informiert. K.W.