Heißer Kampf um die roten Socken

■ Der Berliner PDS-Fraktionschef Zotl bietet CDU-Generalsekretär Ernst an, deren Wahlplakate zu kleben

So richtig ernst war der Brief an Dieter Ernst nicht gemeint, aber wohl ziemlich ernst. Der Vorsitzende der PDS-Fraktion im Abgeordnetenhaus, Peter-Rudolf Zotl, hat dem CDU-Generalsekretär geschrieben und ihm angeboten, die Plakatwerbung der Unionspartei im Osten Berlins zu übernehmen. Doppelt sauer darüber könnten die Ost-CDUler sein, die die PDS überhaupt nicht mögen, die aber auch nicht richtig von der in Bonn ausgeheckten „Rote Socken“-Werbung überzeugt sind.

Der Bezirksvorsitzende in Prenzlauer Berg fordert mehr Inhalte im Wahlkampf: „Nicht vier Jahre CDU, sondern 40 Jahre SED-Mißwirtschaft haben den Osten ruiniert.“

Die PDS hingegen findet die Wahlkampfplakate richtig gut. „Wollen Sie wirklich eine Mauer durch diese Stadt ziehen?“ fragt Zotl in seinem Brief an Ernst wohl nur künstlich aufgeregt, um dann sein Angebot zu unterbreiten: „Ich wäre persönlich daran interessiert, dieses Plakat im Auftrage der PDS kleben zu lassen.“ Der Sprecher von Dieter Ernst hat das Schreiben zwar noch nicht zu Gesicht bekommen, aber kontert etwas mühevoll und sinnentleert: „Die PDS hat ja auch genügend Geld für zwei Plakatoffensiven.“ Na, wenn das nicht sitzt!

Die Breitschaft der PDS, CDU- Plakate zu kleben, kommt nicht von ungefähr: Die Idee der „roten Socken“ stammt von den „roten Socken“ selbst. Schon im Jahr 1992 hatten einige Kreisverbände der PDS diese Beschimpfung mit viel trotziger Selbstbehauptung und etwas weniger Ironie auf ihre eigenen Fahnen geschrieben.

Dabei hatte die PDS – oder besser PRS (Partei der roten Socken) – schon einmal Ärger mit CDU- Plakaten. An einer Tür ihrer Berliner Fraktion klebte das Plakat der Bonner CDU: „Umzug stoppen, Steuern sparen“. Die Präsidentin des Hohen Hauses, Hanna-Renate Laurien, verstand da keinen Spaß. „Geistigen Mundraub“ nannte sie die Aneignung fremder Propaganda. Jetzt geht die PDS auf Nummer Sicher und fragt, ob sie das Copyright für die „Rote Socken“-Werbung erhalten kann.

Das ist die wahre politische Kultur: Der Brief des PDS-Fraktionschefs an den CDU-Mann endet mit den Worten: „Auf weitere gute Zusammenarbeit im Wahlkampf. Mit freundlichen Grüßen ...“ Doch die CDU wird auch so viel Charme widerstehen können. So witzig wie sie ist. Sven Christian