Bremen, Bier und Bananen

■ Was hat Bremen von Europa? Broschüre wieder ohne Antwort

Was lange währt wird endlich gut: die Bremer Landeszentrale für politische Bildung hat es doch noch geschafft, ihre Broschüre „8 Fragen zur Europäischen Union“ herauszubringen. Eigentlich sollte das 28seitige Heft schon am 5. Mai 1994 herauskommen, vor Beginn des Europawahlkampfs. Da knirschte aber der Sand im verwaltungsinternen Getriebe und die Publikation verzögerte sich: Dem Senat und dem Landeskomitee Europawahl waren die Texte noch nicht positiv genug. Während des parteipolitischen Wahlkampfes sei das Erscheinen dann nicht mehr opportun gewesen, läßt der Leiter der Landeszentrale, Herbert Wulfekuhl, wissen.

Nun, dieser Wahlkampf war schlapp und hat nur gut die Hälfte aller Bremer StimmbürgerInnen am 12. Juni zu den Urnen eilen lassen. Ob die rechtzeitig herausgekommenen „8 Fragen zur Europäischen Union“ das Interesse befeuert hätten?

Ein Blick in die Broschüre läßt daran doch zweifeln. Außer ZeitungsredakteurInnen und bildungsbeflissenen LehrerInnen wird sie wohl kaum jemand lesen. Was haben Bremens BürgerInnen von Europa? Außer den bekannten und immer wieder genannten Beispielen – Bananen, regionale Strukturförderung, Sozialfonds – dröselt das Heft diese Frage wieder einmal nicht bürgernah auf.

Es fehlen Übersichtsgrafiken, die das Verständnis erleichtern und die Aussagen bleiben allgemein. Das Anliegen der Herausgeber, „die Bedeutung der Europäischen Union für Bremens Bürgerinnen und Bürger über den Wahltag hinaus verständlich zu machen“, gelingt nur an manchen Stellen. Etwa dann, wenn die AutorInnen konkret aufschlüsseln, daß Bremen als „Industriegebiet mit rückläufiger Entwicklung“ erhebliche finanzielle Mittel aus Brüssel erhält. So sind von 1989 bis 1993 rund 217 Millionen Mark an den Stadtstaat geflossen, um den wirtschaftlichen Strukturwandel und die Arbeitsmarktprobleme zu steuern. Auch das Berufsrückkehrerinnen-Programm wird aus dem Europäischen Sozialfonds finanziert. Es unterstützt Frauen in der Berufsausbildung durch die Übernahme der Kinderbetreuung und monatliche Beihilfen bis zu 1.000 Mark. Seht her, sagt da die Broschüre, wie die Europäische Union unserem von Arbeitslosigkeit gebeutelten Lande hilft.

Immerhin weist sie darauf hin, daß nicht alle das Wohlwollen der EU genießen. Durch die Regulierung des europäischen Bananenmarktes müßten die lateinamerikanischen Staaten in Milliardenhöhe hinnehmen. Bekannte Auswirkung auf Bremen: der Bananen-Umschlag ging um 40 Prozent zurück. Wie gut, daß da der selbstlose Gerechtigkeitssinn der Bundesrepublik auf eine Veränderung der Bananen-Regulierung drängt, gibt die Broschüre zu verstehen.

Auch in anderen Fragen – von der EU-Bürokratie bis zum Bier – destilliert sich die Antwort heraus: Europa ist einfach eine tolle Sache – solange die Bundesrepublik davon profitiert. abi