Plutonium-Dealer will reden

■ Staatsminister Schmidbauer bestätigt Kontaktaufnahme mit dem Inhaftierten

Berlin(taz) – Ein Mann möchte Kronzeuge werden: Adolf Jäkle, der wegen des Verdachts der Plutonium-Schieberei seit dem Mai im Erdinger Knast in Untersuchungshaft sitzt, will auspacken. Über seine Hintermänner, über Lieferanten und Lieferwege, das ganze Wissen über den hochgefährlichen Stoff soll es geben – aber nur, wenn im Gegenzug eine Haftentlassung oder wenigstens bessere Haftbedingungen herausspringen. Das hat am Wochenende der Staatsminister im Bundeskanzleramt, Bernd Schmidbauer, bestätigt.

Der Staatsminister „008“ räumte ein, daß es auch schon Kontakte zwischen Kanzleramt und Jäkles Rechtsanwalt Gerhard Bätz gegeben hat. Adolf Jäkle: das ist jener Geschäftsmann, in dessen Garage im südbadischen Tengen- Wiechs erstmals waffenfähiger Atombombenstoff sichergestellt wurde. Zwar ist die Menge mit umgerechnet sechs Gramm Plutonium gering, weil es sich aber erstmals um hochangereichertes Material – vermutlich aus früherer sowjetischer Produktion – handelt, sind Politiker, Fahnder und Geheimdienstler schwer verschreckt.

Schmidbauers Aussagen folgten einem Vorabbericht des Spiegel. Danach will der gelernte KFZ- Meister Jäkle (52) die Fahnder nicht nur zu weiteren Verstecken mit radioaktivem Material in Österreich und Deutschland führen. Angedeutet habe er weiter, auch Informationen über Käufer, über die genauen Wege des Bombenstoffes und unbekannte Handelsmodalitäten offenbaren zu können. Über mindestens weitere sechzig Gramm Plutonium könne er reden. Der Mann wisse genau: „Das Plutonium ist mein Trumpf.“

Möglicherweise macht aber die Welt am Sonntag dem geplanten Deal einen Strich durch die Rechnung. Das Blatt will Jäkles bulgarischen Hintermann bereits kennen. Dessen abgekürzter Name wird mit Mitko M. angegeben. Er soll in Sofia als Repräsentant eines bundesdeutschen Industrieunternehmens tätig sein und seit Jahren über beste Beziehungen zu Jäkle und zu den früheren Staaten des Ostblocks verfügen.

Die Suche der deutschen Sicherheitsbehörden nach den Lieferanten im Hintergrund wird dem Springerblatt zufolge mit ungewöhnlich großem Aufwand betrieben. Jäkle, der bereits wegen des Verdachts auf Falschgeldhandel inhaftiert war, soll nach seiner Festnahme bedeutet haben, seine Lieferanten könnten sogar 150 Kilogramm des hochbrisanten Materials beschaffen. In Telefonaten mit der WamS-Redaktion soll Mitko M. die Lieferung von waffenfähigem Plutonium 239 zugesagt haben. Er wird mit den Worten zitiert: „Wir können Ihnen Plutonium liefern. Das ist kein Problem. Aber ich kann nicht bestimmen, ob es 14 oder 30 Tage dauern wird. Das hängt von meinem Geschäftsfreund ab. Faxen Sie uns eine Anfrage und wir melden uns zurück.“ Eine Mitarbeiterin M.s habe wenig später versichert, „daß Herr M. Ihnen die Ware liefern kann“.

Auf Anfrage lehnte Staatsanwalt Götz Walter, der die Ermittlungen gegen Jäkle führt, wegen der laufenden Ermittlungen jede Stellungnahme ab. Staatsminister Schmidbauer düste durch die Republik, war folglich nicht erreichbar. Fehlanzeige auch beim BKA: Am Wochenende ist die Pressestelle unbesetzt, und nur die darf Auskunft geben. Wolfgang Gast