„Grüner Punkt und Schwarzer Peter“

■ Duales System: GAL will Handel zur Verpackungsrücknahme verpflichten

Grüner Punkt, was nun? Die von der taz vergangenen Samstag veröffentlichten Zahlen über die miserablen Sammelergebnisse der für das Duale System Deutschland (DSD) arbeitenden „Wertstoff-Sortierer“ haben eine heftige Debatte ausgelöst. So will die GAL die Minus-Zahlen per Senatsanfrage überprüfen und anschließend in der Bürgerschaft den Entzug der Freistellungserklärungen beantragen, die die Händler von der Verpflichtung entbinden, Verpackungen an der Ladentheke zurückzunehmen.

Während auch die Umweltbehörde einen solchen Schritt für „jederzeit möglich“ hält, bestreiten die in der ARGE zusammengeschlossenen Hamburger „Wertstoff-Entsorger“ die Rechtmäßigkeit eines solchen Schrittes. ARGE-Sprecher Hans-Jürgen Cierzon: „Die Quoten sind lediglich Anhaltszahlen, ein Freistellungs-Entzug hätte keine Rechtsgrundlage“.

Bestritten wird von der ARGE nicht, daß sie die in der Verpackungsverordnung vorgeschriebenen Sammelquoten für Verpackungen nicht erreicht hat. Doch schuld daran sind nur die anderen. Den Schwarzen Peter beim Grünen Punkt schieben die Hamburger Sammler und Verwerter weiter an:

a) die Verbraucher. Hans-Jürgen Ciercon: „Wir haben Probleme die Hamburger und HamburgerInnen zum Sammeln zu motivieren“

b) die Hamburger PolitikerInnen und Behörden. Cierzon: „Der Hamburger Senat hat die flächendeckende Einführung des Dualen Systems systematisch verschleppt und die staatliche Wert GmbH, die für den Abtransport der gelben Tonnen und Säcke zuständig ist, viel zu spät auf die Beine gebracht“. So hätte die ARGE bei der Einführung des Dualen Systems „ein dreiviertel Jahr verloren“. Auch Bezirke wie Eimsbüttel würden die Aufstellung von Sammelgefäßen für den Recycling-Müll nach Kräften blockieren.

Laut Ciercon sind die gelben Tonnen und Säcke zwar flächendeckend in Hamburg verbreitet, doch nur „rund 55 Prozent aller Haushalte“ seien an das Sammelsystem angeschlossen. Da es keinen „Benutzungszwang“ gibt, müssen die ARGE-Mitarbeiter mit jeden einzelnen Hausbesitzer zeitraubende Verhandlungen führen.

Schuld an dem schlechten Sammelergebnis sind für die ARGE schließlich auch:

c) die Zahlen der Gesellschaft für Verpackungsmarktforschung (GVM). Die hat berechnet, wieviel DSD-Müll anfällt in Hamburg. Nach diesen Zahlen richtet sich folglich auch, wie viele Grüne Punkte die ARGE-Firmen einsammeln müssen, um ihre prozentualen Erfassungsquoten zu erfüllen. Doch die GVM-Werte sind für Hans-Jürgen Ciercon „unrealistisch“ und lägen bei einzelnen Verpackungsmaterialien um „30 bis 40 Prozent zu hoch“. Ciercon: „Durch das Duale System greifen immer mehr Hersteller zu kleineren Verpackungen, so daß die Müllmenge sinkt“.

Zudem würden etwa die Verpackungskartons des Otto-Versands und die Flaschen der Holsten-Brauerei von der GVM als in Hamburg zu entsorgende „Wertstoffe“ berechnet werden - obwohl sie in die ganze Republik versandt werden. Zur Zeit, so Cierzon, fänden deshalb Verhandlungen zwischen den Grüner-Punkt-Managern und der GVM um eine Senkung der Verpackungs-schätzungen statt.

Denn sinken die GVM-Berechnungs-Zahlen, müssen die ARGE-„Wertstoffsammler“ nicht mehr so viele Verpackungen einsammeln, um ihre Sammel-Quoten zu erreichen. Sie hätten bombige Erfassungsprozente - ohne einen einzigen Jogurtbecher mehr dem Recycling zuzuführen. Marco Carini