piwik no script img

Fette Beute für Halbgötter in Weiß

■ Welche Nebenverdienst haben die staatlich bestallten Chefärzte an den Bremer Krankenhäusern? Eine interne Senatsstudie klärt auf / Krankenhäuser gucken in die Röhre

Diese Zahlen werden das Vertrauen in die Ärzte mit Sicherheit erhöhen: In einer Vorlage für den heute tagenden Senat hat die Gesundheitssenatorin zusammengestellt, wie hoch die Nebenverdienste der Chefärzte an den bremischen kommunalen Krankenhäusern sind. Die Grünen hatten eine kleine Anfrage gestellt. Das Ergebnis: In den Jahren 1991 bis 1993 haben im jährlichen Schnitt 28 Bremer Chefärzte pro Arzt mehr als eine halbe Million Mark an Nebenverdiensten eingestrichen, zum Beispiel über die Behandlung von Privatpatienten. Unter den 28 waren im vergangenen Jahr 17, deren Zubrot bei über 800.000 Mark lag, das allerdings sind Bruttoverdienste. Von diesen Einnahmen müssen sie einen Teil an die Krankenhäuser als Entgelt für Maschinen und Personal abführen, und dann ist da noch die Steuer. Doch selbst nach allen Rechenpoperationen bleibt das Es lohnt sich für eine Upper Class der Mediziner, im Krankenhaus zu arbeiten.

Die Konstruktion ist schrecklich kompliziert, wenn man in die letzten Verästelungen der Abrechnungsmodalitäten mit Krankenhäusern und Kassen vordringen will. In den Grundzügen funktieniert das Konstrukt Chefarzt mit Nebenverdienst am öffentlichen Arbeitsplatz relativ einfach. Einige Chefärzte haben die Genehmigung, neben ihrer Tätigkeit im Rahmen ihrer normalen Anstellung an einem x-beliebigen Bremer Krankenhaus, die Einrichtungen ihres Arbeitsbereiches zur Behandlung von Privatpatienten, zur Arbeit für Berufsgenossenschaften oder für lukrative Gutachtertätigkeiten zu nutzen. Insbesondere die sündhaft teueren technischen Gerätschaften sind da reizvoll. Deren Anschaffung belasten debn Haushalt der Klinik, und nicht den des Arztes. Der muß dafür und für alle weiteren Leistungen der Klinik für seinen Nebenjob einen Teil seiner Nebeneinnahmen abzwacekn. Die zahlen ihm die Kassen und die Zusatzversicherungen der privatpatienten. Nach dem Abzug bleiben ihm vom Nebenverdienst nur noch knapp 55 Prozent. Die Spitzennebenverdiener arbeiten in dfen kostspieligen hochtechnisierten Bereichen wie der Strahlentherapie. Die müssen dann auch Spitzensätze von mehr als 57 Prozent berappen.

Was den Medizinmännern bleibt, ist allerdings immer noch ein erkleckliches Sümmchen, schließlich handelt es sich um einen Nebenverdienst. Der Hauptverdienst liegt ohne Nachtdienste bei rund 80.000 Mark brutto im Jahr (BAT 1a, 43 Jahre). Von den Spitzen-800.000ern bleiben nach der Krankenhausgebühr noch 341.000 Mark über. So trägt er 421.600 Mark brutto nach hause.

Die Antwort der Gesundheitssenatorin schlüsselt die Verdienste nicht nach Fachdisziplinen auf. Davor hatte der Datenschutzbeauftragte sein Veto eingelegt,. Aber auch die zusammengefaßten Zahlen haben es in sich. Die Bruttoeinnahmen (ohne Abgaben an die Krankenhäuser und an denb Fiskus) aus dem Jahr 1993: 17 Chefärzte verdienten bis zu 100.000 Mark, 12 zwischen 100.000 und 250.000 Mark, 10 bis 500.000, 15 zwischen 500.000 und 800.000 Mark und 17 mehr als 800.000 Mark.

Gekniffen sind bei diesen Spiel vor allem die Kliniken: Wenn der Chefarzt einen Privatpatienten stationär behandelt, muß das Krankenhaus nach dem Gesundheitsstrukturgesetz 51 Prozent der Abgaben des Arztes an die Krankenkassen weiterreichen. Ab 1996 fließen dann satte 85 Prozent der chefärztlichen Abgaben am Geldbeutel der Kliniken vorbei direkt zu den Kassen. Axel Siebke, Krankenhausspezialist aus dem Gesundheitsressort: „Das ist eine der Katastrophen dieses Gesetzes.“ J.G.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen