Somalia bald UNO-los?

■ Aidid-Truppen erobern Belet Huen von der UNO / Rückzugsdiskussion

Berlin/Mogadischu (taz/dpa) – Vor einem Jahr starrte die Welt so gebannt auf Somalia, wie sie es jetzt mit Ruanda tut. Heute liegt Somalia im Windschatten Ruandas – und ist trotz einer 19.000 Soldaten starken UNO-Präsenz im Begriff, wieder im Bürgerkrieg zu versinken. Die UNO verkündete gestern ihren vollständigen Rückzug aus der Kleinstadt Belet Huen, die zwischen Juli 1993 und März 1994 durch die Präsenz eines deutschen Blauhelmkontingents Berühmtheit erlangte.

Nach dem deutschen Abzug aus Belet Huen hatten Soldaten aus Simbabwe die Stadt übernommen – Teil der allgemeinen Reduzierung der UNO-Mission nach dem Rückzug der US-Amerikaner, die sich vergeblich gegen den mächtigen Warlord General Farah Aidid gestellt hatten. Aidid und seine Anhänger in der „Somalischen Nationalallianz“, deren Rückgrat eine Miliz des Habr-Gedir-Clans bildet, haben seit ihrem „Sieg über die UNO“ immer mehr versucht, in ganz Somalia ihren Vormachtanspruch durchzusetzen. In Mogadischu ist es jüngst öfters zu schweren Gefechten gekommen; vor wenigen Wochen mußten Hilfsorganisationen die nordöstliche Stadt Bosasso räumen; und vor einer Woche vertrieben Aidids Einheiten die in Belet Huen herrschende Miliz des Hawadle-Clans wie auch alle im Ort arbeitenden Hilfsorganisationen. Am vergangenen Wochenende griffen sie den UNO- Stützpunkt der Stadt an und nahmen alle 160 simbabwischen Blauhelme gefangen. Die wurden schließlich waffenlos entlassen, woraufhin die UNO gestern ihren „Abzug“ verkündete.

Der Vorfall wird vermutlich Tendenzen in der UNO verstärken, Somalia aufzugeben und es zum herrenlosen Zustand vom Sommer 1992 zurückkehren zu lassen, als weitverbreiteter Hunger zuerst die Völkergemeinschaft mobilisierte. UNO-Generalsekretär Butros Ghali empfahl kürzlich die Verkleinerung der UNO- Truppe auf 10.000 Mann, die sich hauptsächlich auf Mogadischu konzentrieren und ihre Aktivitäten auf einen etwa 150 Kilometer großen Umkreis um die somalische Hauptstadt beschränken.

Darüber will der Sicherheitsrat bis Mitte August entscheiden. Viele Hilfsorganisationen halten den Vorschlag aber für völlig fehlgeleitet. „In Mogadischu sind die UNO-Truppen nutzlos“, sagte der Somalia-Direktor der UNO-Welternährungsprogramms EFP, Ferdinando Zanusso, kürzlich dem britischen Guardian. „Sie schützen humanitäre Organisationen überhaupt nicht. Wir müssen eigene Wachleute einstellen und unsere Häuser selber schützen.“ D.J.