: Alles unklar? Geld gibt–s trotzdem!
■ Altonas SPD-Politiker Michael Pape: Dreifache Diät trotz ruhendem Mandat / Behördenzuschüsse trotz Ermittlungsverfahren Von Sannah Koch
Den Seinen gibt–s der liebe Gott im Schlaf. Aber nicht jeder muß gleich an den Herrn glauben; manchmal reicht auch schon das richtige Parteibuch. Lohnendes Beispiel: Der Altonaer SPD-Fraktionsvorsitzende Michael Pape. Wegen eines staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahrens entschied er im April 1993, sein Mandat bis zur Klärung der Vorwürfe gegen ihn ruhen zu lassen. Schön für ihn: Die dreifache Aufwandsentschädigung für den Fraktionsvorsitz bekommt er trotzdem.
Die Fortzahlung dieses hübschen Zubrots räumte das Bezirksamt jetzt auf Anfrage der Altonaer CDU ein. Steuerfreie 1728 Mark erhält Pape für sein „Ruhen“ monatlich, 576 Mark bezieht ein einfacher Bezirksabgeordneter. Diese „rechtliche, nicht politische“ Entscheidung der Fortzahlung sei im Einvernehmen mit dem Senatsamt für Bezirksangelegenheiten gefallen, klärte gestern auf taz-Anfrage der Leiter des Altonaer Rechtsamts, Klaus Leven, auf. Eine eindeutige Regelung enthalte das Gesetz für Entschädigungsleistungen für solche Fälle allerdings nicht. Danach bekommt eine Diät, wer im Besitz eines Abgeordnetenmandats ist, wer es niederlegt, bekommt sie nicht. Ein ruhendes Amt existiert im Gesetzestext nicht. „Die Fortzahlung der Entschädigung war Auslegungssache“, so Leven. „Öffentlichkeit getäuscht“, schimpft CDU-Bürgerschaftsabgeordnete Antje Blu–menthal, von einem Ruhenlassen könne so wohl kein Rede sein.
Die Stadt hat aber auch bei der Fortzahlung weit größerer Summen an Michael Pape offenbar recht wenig Probleme. Seit dem vergangenen Frühjahr läuft gegen den Geschäftführer des Beschäftigungsprojekts Altonaer Jugendarbeit (AJA) ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts auf Subventionsbetrug. Mehrere AJA-Mitarbeiter in öffentlich geförderten Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen (ABM) sollen 1991/92 wochenlang Häuser in der Hospitalstraße renoviert haben, die im Besitz der Michael Pape Altonaer Gebäudeverwaltungs KG waren.
Das Arbeitsamt hatte damals Strafanzeige gestellt, weil der Verdacht nicht ausgeräumt werden konnte, daß der Einsatz der AB-Maßnahmen Pape zugute gekommen war. Immerhin hatte dieser 1993 nicht nur für das Beschäftigungsprojekt öffentliche Zuschüsse in Millionenhöhe bekommen, sondern auch seine Gebäudeverwaltungs KG für die Arbeiten in der Hospitalstraße 631.000 Mark an Zuschüssen kassiert. Im Frühjahr ,93 hatte Pape seine Bereitschaft erklärt, die Gebäude nach der Sanierung wieder ins Eigentum der Stadt zu überführen. Die hat inzwischen jedoch „mangels fiskalischen Interesses“ abgewunken.
Trotz der drastischen Vorwürfe liefen die Untersuchungen in der Sozialbehörde mehr als schleppend. Im Mai ,94 mußte sie auf eine CDU-Anfrage einräumen, daß die Prüfung der Verwendungsnachweise aus dem Jahr 1991 noch nicht abgeschlossen sei. Inzwischen sollen zwar alle Stellungnahmen eingeholt worden sein, doch die Ergebnisse hält der Senat unter Verschluß. Auch das Ermittlungsverfahren ist nicht abgeschlossen.
Das Geld an Pape floß jedoch trotz aller Ungereimtheiten weiter. Noch 1994 bekam sein Beschäftigungsprojekt 100 ABM- und LKZ-Stellen zugewiesen, die Behörde zahlte 224.841 Mark institutionelle Förderung sowie 599.621 Mark ABM-Restpersonalkosten an AJA. Wieviel es 1995 werden sollen, darüber verweigerte der Senat auf eine CDU-Anfrage vor acht Tagen noch die Auskunft.
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