Mit Stop and Go ins Sabbatjahr

■ Teilzeitarbeit für LehrerInnen / Rechenschwächen bei der Lehrerplanung

Für einige LehrerInnen wird das die wichtigste Meldung der vergangenen Woche gewesen sein: Mitten in den Ferien haben sich der Bildungs- und der Finanzsenator auf ein Teilzeitmodell für LehrerInnen verständigt. Danach können die Lehrerinnen nicht nur ihr Stundendeputat bis auf die Hälfte reduzieren, sondern außerdem noch ein „Sabbatjahr“ beantragen. Der Dreh: Wer drei Jahre lang Vollzeit arbeitet, aber dafür nur drei Viertel der Besoldung bekommt, kann das vierte Jahr zuhause bleiben. Damit hofft die Behörde, die eine oder andere Mark einzusparen - es soll nämlich keinen Lehrer-Ersatz für die ausfallenden Stunden geben. Die Ersparnis wollen sich der Finanz- und der Bildungssenator teilen. Alle Bremer LehrerInnen werden dieser Tage einen Brief in der Post haben, in dem das neue Modell erklärt wird. Bis zum 10. September können dann die Anträge gestellt werden.

Daß über die Reduzierung von Schulstunden Geld gespart werden soll, das ist für die Bremer LehrerInnen nichts Neues. Schon in den vergangenen Jahren war die Bildungsbehörde eher großzügig mit der Beurlaubung oder mit Anträgen auf Teilzeitarbeit umgegangen. Vor zehn Jahren war der Bildungssenator noch davon ausgegangen, daß eine ganze Reihe von Schulen geschlossen werden müßten, weil die SchülerInnen fehlten. Damit überzählige LehrerInnen nicht beschäftigungslos in den Schulen herumlungern müssen, hatte sich das Bildungsressort auf die Linie „bloß weg von der Schule“ geeinigt. Neben reichlich Beurlaubungen (ohne Bezüge) gab es die Möglichkeit zur Weiter- und Umqualifizierung, eine ganze Reihe von LehrerInnen wurde in andere Behörden ausgeliehen.

Doch damit hatte sich der Bildungsssenator gründlich verrechnet. Plötzlich und für die Behörde unerwartet tauchten Kinder auf, die in die Bremer Schulen drängten. Zum einen hatten sich die Geburtsraten anders entwickelt, zum anderen waren die Zuwandererzahlen gestiegen. Vor zwei Jahren gab es dann die große Wende: „Bloß zurück in die Schulen“. Jetzt plötzlich war der LehrerInnenbedarf wieder groß, Abordnungen wurden zurückgenommen, Beurlaubungen gab es nur noch in den allerseltensten Ausnahmefällen, wenn es nicht gerade um die Erziehung der eigenen Kinder ging.

Doch auch diese Parole galt nur für wenige Monate. Das ist auch den PlanerInnen bei der Bildungsbehörde nicht so ganz geheuer: „Mit Stop and Go ist das ziemlich gut beschrieben“, gibt Walter Freitag, Abteilungsleiter beim Bildungssenator zu. Den erneuten Schwenk erklärt er mit den unzureichenden Rechenkünsten der Senatskommission für das Personalwesen (SKP). Die SKP hatte nämlich in ihrem Personalentwicklungs programm eine Fluktuationsquote für den Öffentlichen Dienst errechnet, die bei den LehrerInnen vorne und hinten nicht hinhaut. Ausscheiden mit 58 Jahren, damit hatte die SKP kalkuliert. Das paßt zur ewig währenden Klage aus der Lehrerschaft über den Streßjob und die geringe Lebenserwartung und die hohe Krankenrate. Nur machte der Bildungssenator die Erfahrung, daß die LehrerInnen tatsächlich erst viel später ihr Pult räumen. Freitag: „Die gehen gar nicht so schnell in den Ruhestand.“ Und das wiederum liegt möglicherweise daran, daß die Hürde in den Ruhestand höher geworden ist. Während früher ein einfaches Attest reichte, müssen die VorruheständlerInnen in spe jetzt eine Untersuchungsreihe bei Vertrauensärzten durchlaufen. Nun bleiben sie länger. Das Ende vom Lied: Nun waren wieder zu viele LehrerInnen an Bord. Und außerdem mußte die Sparquote erbracht werden. So entstand die neue Sabbat- und Teilzeitregelung.

Wie groß die Bereitschaft in der Bremer Lehrerschaft zu Reduzierung und Sabbat ist, das weiß in der Bildungsbehörde niemand. Eine Bedarfsuntersuchung hat nicht stattgefunden. Daß die LehrerInnen der Behörde die Bude einrennen, das glaubt allerdings keiner. Walter Freitag: „Wir rechnen so mit zwanzig bis dreißig Anträgen.“ Die große Mehrzahl der InteressentInnen wird sich um eine dauerhafte Stundenreduzierung bemühen, schätzt der Bremer Planer. Das entspricht auch genau den Erfahrungen, die Berlin mit Sabbat- und Teilzeitregelungen gemacht hat. Die gibt es da schon seit mehreren Jahren, mit überaus guter Resonanz, wie ein Sprecher der Berliner Schulverwaltung bestätigt: „Das läuft prima.“ Berlin geht es dabei auch nicht anders als Bremen. Auch dort muß gespart werden, und, so der Sprecher, „wir schieben immer noch einen riesigen Lehrerberg vor uns her.“

So interessant die neuen Regelungen für einzelne LehrerInnen sind, so schwierig und konfliktreich kann die Umsetzung geraten. In den Schulen der Sekundarstufe zwei gibt es in der Regel nach wie vor LehrerInnen satt. Wer da einen Antrag auf Reduzierung der Stunden stellt, der kann auf Wohlwollen rechnen. Anders sieht es bei den Schulen der Sekundarstufe eins aus. Da herrscht chronischer Mangel, und da werden die Schulleitungen um jede Stunde kämpfen. Doch das Problem soll gar keines werden, hat sich die Behörde vorgenommen. Die will hart durchgreifen. Walter Freitag: „Wir werden alle notwendigen Maßnahmen ergreifen. Wenn nötig, werden die Leute dann eben dahin versetzt, wo sie gebraucht werden.“ J.G.