■ Helmut Kohl und die Frage der „Peace Corps“
: Stoff für Beamtenhirne

Helmut Kohls Vorschlag, mit einem „Peace Corps“ zukünftige Katastrophenhilfe wie in Ruanda effektiver zu bewerkstelligen, fällt nicht einfach in ein Sommerloch. Abgesehen von Wahlkampferwägungen – die ja auch bei den Bundestagsabgeordneten zu spüren sind, die sich in Goma vor TV-Kameras stellen – geht es darum, den gesamten Bereich humanitären Handelns im Ausland neu zu organisieren. Schon seit Jahren ist die Tendenz erkennbar, soviel entwicklungspolitische Arbeit wie möglich an private Organisationen – die sogenannten NGOs – zu delegieren; nun ist international der Trend zu beobachten, daß die Arbeit dieser Organisationen militärisch zu flankieren ist, wenn der Hilfsbedarf ungewöhnlich massive Ausmaße annimmt und wenn daher vom Staat direktes Handeln erwartet wird.

Die aus Großbritannien und den USA nach Ruanda entsandten Soldaten, die ja explizit nur nichtmilitärische Aufgaben wie Straßenreparaturen wahrnehmen sollen, sind ein Zeichen dafür, daß manche Länder diese Schlüsse bereits gezogen haben. Es ist wohl kein Zufall, daß diese beiden Länder keine Wehrpflicht kennen und daß ihnen daher die Diskussion um Wehrersatzdienste erspart bleiben kann. Helmut Kohl bleibt sie nicht erspart, und so geht er einen etwas anderen Weg: Nicht deutsche Soldaten sollen Hilfe leisten, sondern andere Deutsche, die dann vielleicht keinen Wehrdienst mehr leisten müssen. Damit verfolgt er unter anderem das Ziel, die Bundeswehr aus den Unwägbarkeiten entfernter Auslandskatastrophen herauszuhalten, während sie ja dieser Tage zum Löschen von Waldbränden in Brandenburg noch gut genug ist. Warum allerdings die Frage deutscher Katastrophenhilfe in Ruanda mit der Zukunft der deutschen Wehrstruktur verknüpft wird und dies in einer Art, die entweder den existierenden Hilfsorganisationen Konkurrenz macht oder aber Helfer im Ausland unter ein militärisches Kommando stellt, bleibt schleierhaft. Den Ruandern ist damit genausowenig gedient wie den Hilfsorganisationen.

Daß überhaupt die Frage, wie Deutschland Ruanda helfen kann, allein als Frage des möglichst schnellen Feuerlöschens begriffen wird, ist schon für sich genommen beunruhigend genug. Weder eine langfristige politische Zusammenarbeit mit Ruanda noch eine humanitäre Militärintervention werden erwogen, sondern ein für Beamtenhirne gedachtes pseudomilitärisches Ersatzwehrdienstkonstrukt, mit dem sich Bonn um die Frage „Was wollen wir eigentlich in Ruanda?“ perfekt herumdrückt. Der Verdacht drängt sich auf, daß all dies – wie schon die Somalia- Mission des letzten Jahres – mit dem betroffenen Land überhaupt nichts zu tun hat. In einem Afrika, das als einziger elender nachtschwarzer Kontinent begriffen wird, sind alle Katzen grau. Dominic Johnson