Simples Weltbild

■ Betr.: „So denkt Otto-Ost“, taz vom 26.7.94

Von diesem Artikel war ich echt überrascht. Aber jetzt weiß ich endlich, in welche Schublade Ossis, PDS-Wähler und sonstige Linke (igitt) zu stecken sind. [...]

Also, der Otto-Ost zeichnet sich hauptsächlich durch seine Wandlungsfähigkeit aus. Ob er 1924 oder 1964 geboren ist, das macht keinen Unterschied bezüglich seiner Auffassungen und Gedanken. [...] Und dieses Wesen, das durch Mief und Enge geprägt wurde, ist also der Wähler, der „eine neue, eine linke Politik wählt“. Das ist also linke Politik: „Streit hin, Streit her, aber im Wichtigsten einig: Kohl muß weg.“ Na, daß Linke nicht mehr als eine Antihaltung fertigbringen, war schon immer bekannt. Daß die SPD an der ganzen Unterdrückung in der DDR schuld sein soll, weil sie nicht genügend Abscheu vor Kommunisten hatte, wie der letzte Abschnitt suggeriert, ist zwar auch nicht neu, aber immer wieder nett.

Neu ist allerdings, es diesmal nicht nur aus dem Konrad-Adenauer-, sondern auch aus dem Rudi-Dutschke-Haus zu hören. Tröstlich an diesem Artikel ist natürlich, daß es offensichtlich keine weiblichen PDS-Wählerinnen gibt, so daß sie sich nicht vermehren können. Andrea Keuchen, Schwahntal

[...] Erstens besteht sicherlich eine Konkurrenz zwischen SPD und PDS, die PDS wird jedoch keineswegs verhindern, daß Kohl abgewählt wird. Das wird höchstens Herr Scharping tun. Oder vielleicht auch Herr Volmer, der lieber Kohl will, als sich von der PDS dulden zu lassen. Im übrigen wird die PDS im nächsten Bundestag ja auch keineswegs das Potential von Sachsen-Anhalt haben.

Die aufgeführten Übereinstimmungen zwischen PDS und SPD- Programmatik sind nur insoweit existent, daß sie von der SPD geäußert und nicht durchgeführt werden, sondern zumeist in Richtung CDU verwässert werden, während die PDS auf ihnen besteht und damit leider keinen Erfolg hat. Die PDS legt – im Gegensatz zur SPD – die Biographien aller ihrer KandidatInnen offen. Sollte Herr Stolpe tatsächlich falschspielen (was ich nicht annehme), ist dies ein Unterschied und keine Gemeinsamkeit!

Die PDS wie sicherlich auch die SPD beschränken sich keineswegs auf die Aussage „Die Regierung ist schuld an den gegenwärtigen Schwierigkeiten“. Vielmehr konkretisieren beide die Vorwürfe, und dabei sollte Herr Thiele mal nach großen Übereinstimmungen suchen. Auch bei den Lösungsvorschlägen wird er die kaum finden. Daß die BewohnerInnen der fünf neuen Bundesländer, die PDS wählen, weil sie die ostdeutschen Interessen vertritt, mag sein. Diese Tatsache aber in Verbindung mit SED-Propaganda zu bringen, würde heißen, daß die BürgerInnen der fünf neuen Bundesländer nicht denken können. [...] Georg Litty, PDS-West- Mitglied, Lachen bei Neustadt

Logisch, genauso ist es, das „simple Weltbild“ von „Otto-Normalverbraucher-Ost“. Einerseits glaubt er: SPD = PDS (beide wollen: Kohl muß weg), andererseits meint er: SPD = CDU (beide sind Westparteien). Logisch, wenn zwei Größen einer Dritten gleichen, dann gleichen sie auch untereinander. Bezogen auf dieses Beispiel heißt das...? CDU = PDS?? Irgendwas muß da doch verkehrt sein, oder?

Naja, egal, Hauptsache ist doch: „Ost-Otto“ hängt am „DDR- Mief“, glaubt „simplen Welterklärungen“, leidet an „Enge im Kopf“, läßt sich von Zöglingen, die im „Roten Kloster zu Leipzig“, noch dazu an einer „Karl-Marx- Universität Politik buchstabieren“ gelernt haben, nur allzugern verführen und ist – natürlich – demokratiefeindlich.

Zum Kotzen diese Arroganz – aber, der PDS kann's nur recht sein. R. Bubenzer, Braunschweig

taz/Thiele sei Dank, jetzt wissen wir es genau: der Ost-Otto ist ein Blödel-Otto. Seine Denkmuster, seine Befindlichkeiten – um wieviel höher, weiter und schneller ist doch der West-Otto, diese Jacobs- Krönung der richtigen gesellschaftlichen Entwicklung! Thiele sagt wie es ist: Dem Ost-Otto gehört schleunigst das Wahlrecht aberkannt. Nicht auszudenken, was der Kerl damit sonst noch anrichtet...

Ihr lieben Leute von der taz: wie kann ein solch perfider und stockreaktionärer Quatsch ins Blatt gehoben werden? War es die Hitze, das Ozon, das Sommerloch...? H. Seidel, Frankfurt/Main