Botschafts-Schnüffler

■ IAF: Schikanen bei Familienzusammenführungen

Frankfurt/Main (taz) – Im Januar 1993 schleicht ein Detektiv, vielleicht ist er auch Rechtsanwalt oder Botschaftsmitarbeiter, durch die Straßen von Lahore in Pakistan. Er schnüffelt bei Nachbarn und Verwandten. Farkhanda Jabeen hat 1991 geheiratet. Ihr Mann, Mohammed T. J. Minhas, lebt seit 1980 in Deutschland. Seine erste Ehe mit einer deutschen Frau war nach zehn Jahren gescheitert. Und da setzt, wie in anderen Fällen auch, „die deutsche Behördenwillkür“ ein: „Die Auslandsvertretungen in manchen Ländern gehen davon aus, daß es sich beim Antrag auf Familienzusammenführung immer um Scheinehen handelt,“ sagte Sabine Kriechhammer-Yagmur gestern während einer Pressekonferenz des „Verbandes bi-nationaler Familien und Partnerschaften“ (IAF) in Frankfurt. Der Schnüffler von Lahore, dessen Name im dunkeln bleibt, lieferte ein Hochzeitsdatum aus dem Jahr 1985 oder 1986, das belegt hätte, daß Minhas nach deutschem Recht Bigamist sei. Daß die Nachbarn sich an die prunkvolle Heirat seiner jüngsten Schwester erinnerten, war dem Detektiv entgangen. Minhas bekam und zahlte ein Rechnung von 6.500 Rupien, umgerechnet 500 Mark, für die schlampige Überprüfung. Seine Ehefrau darf bis heute nicht nach Deutschland einreisen.

Die IAF, der inzwischen rund 40 ähnliche Fälle vorliegen, stellte fest, daß es in den Botschaften und Vertretungen gängige Praxis ist, die Anträge auf Familienzusammenführung „abzuwimmeln“. Oft werde ihnen statt dessen nach langen Wartezeiten ein Touristenvisum „aufgeschwatzt“, mit dem sie zwar einreisen, nicht aber bleiben dürfen. Der legale Weg aber entpuppt sich oft als ungangbar.

Susanne G. hatte ihren Freund in seinem Heimatland Nigeria geheiratet. Sie beklagt sich nicht über unfreundliche Behandlung bei der Botschaft in Lagos, wohl aber über den nicht praktikablen Amts-, den Postweg, den die Botschaft zur Kontrolle der Rechtmäßigkeit ihrer Eheschließung vorschreibt. In dem bürgerkriegsgefährdeten Land, in dem die Post streikt und Reisen gefährlich ist, wird die letzte Fahrt am 1. August dieses Jahres, die ihr Mann von Benin City in die Hauptstadt unternimmt, um Dokumente persönlich zu überbringen, zum lebensbedrohlichen Abenteuer. Es hat ihm nichts genützt, denn „er hätte den Postweg einhalten müssen“. Susanne G. wird lapidar gesagt, im Bürgerkriegsfall habe sie „eben Pech gehabt“.

Ähnliche Schwierigkeiten, so Kriechhammer-Yagmur, gebe es nicht überall, aber immer wieder und vor allem im pakistanischen Islamabad, im indischen Neu Delhi und in Nigeria. Einen Lichtblick im Fall Minhas, der endlich dazu führen könnte, daß seine Frau nach Deutschland einreisen darf, sieht die IAF in einem gestern eingetroffenen Schreiben des Auswärtigen Amtes in Bonn. Darin wird diplomatisch festgestellt: „Auch die Botschaft Islamabad hat keinerlei Veranlassung, die Prüfung zu verzögern.“ Heide Platen