Schwere Kämpfe um die Straßen nach Sarajevo

■ Die Drohungen des serbischen Präsidenten Milošević gegen die bosnischen Serben blieben bisher ohne Folgen / UNO-Sicherheitsrat berät über Sanktionen

Genf/Sarajevo (taz) – Wenige Stunden bevor das „Parlament“ der bosnischen Serben in Pale erneut zu Beratungen über den Genfer Teilungsplan für Bosnien zusammentrat, haben sich nordwestlich von Sarajevo die bosnische Armee und serbische Einheiten die schwersten Kämpfe seit dem Waffenstillstand vom Februar geliefert. Nach Angaben der UN- Schutztruppen wurden während der Nacht zum Mittwoch 706 Explosionen und kleinere Gefechte registriert. Regierungstruppen versuchten offenbar, von Serben- Einheiten kontrollierte Streckenabschnitte einzunehmen. Die bosnischen Serben hatten vergangene Woche alle Straßenverbindungen nach Sarajevo blockiert. Um die Angriffe der Regierungstruppen abzuwehren, verlangten sie von den Blauhelmen die Herausgabe schwerer Waffen.

Der UNO-Sicherheitsrat in New York hat am Mittwoch abend Beratungen über zwei Resolutionen zu Ex-Jugoslawien aufgenommen: zur Ausweitung der Wirtschaftssanktionen gegen Serbien sowie zu ihrer schrittweisen Aufhebung, sollten die bosnischen Serben den Teilungsplan für Bosnien doch noch akzeptieren. Die Außenminister der Kontaktgruppe hatten am Samstag die Vorlage entsprechender Resolutionen beschlossen. Seitdem verschärfte Serbiens Präsident Slobodan Milošević zwar mehrfach seine rhetorischen Angriffe gegen die bosnischen Serben. Für die angekündigte Einstellung jeglicher materieller Unterstützung gibt es bislang aber keine Anzeichen.

Erwartet wird, daß der Sicherheitsrat die Unterbindung von Zahlungen jugoslawischer Auslandsfirmen an ihre Zentralen in Serbien oder Montenegro beschließt. Diskutiert wird auch über ein Auslandsreiseverbot für die Mitglieder der Belgrader Führung sowie die Kappung des Telekommunikationsverkehrs zwischen Jugoslawien und dem Ausland. Unter den Kontaktgruppenstaaten war zuletzt noch umstritten, unter welchen Voraussetzungen man sich zum Beginn der Sanktionslockerung entschließen könnte: ein eindeutiger Bruch Serbiens mit den bosnischen Serben, wie der Bosnien-Beauftragte Moskaus, Witali Tschurkin, am Dienstag vorschlug; die Zustimmung der bosnischen Serben zum Teilungsplan der Kontaktgruppe; der Beginn der Implementierung des Plans; oder – wie bislang von den USA verlangt – der vollständige Rückzug aller bosnisch-serbischen Soldaten in das den Serben laut Teilungsplan zugewiesene Gebiet Bosniens. In einem Schreiben an die bosnisch-serbische Führung hatte Milošević mit der Einstellung „jeglicher Zusammenarbeit“ gedroht. Nach Berichten von UN- Beobachtern im Grenzgebiet zwischen Bosnien und Serbien hält die Versorgung der bosnisch-serbischen Truppen mit Munition, Waffen, Brennstoffen und Nahrungsmitteln aus Serbien noch unvermindert an. Nach Erkenntnissen der Unprofor wendet Serbien für diese Unterstützung nach wie vor rund 20 Prozent seines Bruttosozialproduktes auf. Miloševićs Erklärung würde erst glaubwürdig, wenn er diesen Nachschub unterbinde, erklärte der UNO-Vermittler Torvald Stoltenberg. Einer effektiven internationalen Kontrolle der Grenze an der Drina haben sich Milošević und die bosnischen Serben bislang widersetzt. Andreas Zumach